Dominikus-Ringeisen-Werk
Das Dominikus-Ringeisen-Werk, kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Ursberg (Schwaben), begleitet und assistiert mit vielfältigen Angeboten und Dienstleistungen Menschen mit Behinderungen an zahlreichen Orten in Bayern.
Dominikus-Ringeisen-Werk | |
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Rechtsform | Kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts |
Gründung | 1. Dezember 1884 |
Sitz | 86513 Ursberg (Schwaben) |
Zweck | Behindertenhilfe, Altenhilfe |
Vorsitz | Martin Riß (Vorstandsvorsitzender) Michael Winter (stellv. Vorstandsvorsitzender) |
Umsatz | 230.000.000 € (2021) |
Beschäftigte | 4.600[1] |
Website | www.drw.de |
Geschichte
Der katholische Priester Dominikus Ringeisen (1835–1904) errichtete im Jahr 1884 in der ehemaligen Prämonstratenser-Abtei Ursberg eine Einrichtung für Menschen mit Behinderungen. 1897 erhielt er die Genehmigung zur Gründung einer Schwesterngemeinschaft, der St. Josefskongregation Ursberg. Die Schwestern, Franziskanerinnen, waren zuständig für die Betreuung und die Versorgung der ihnen anvertrauten Menschen. Dominikus Ringeisen vergrößerte seine Einrichtung sehr schnell nicht nur in Ursberg. Er erwarb Gebäude und Grundstücke im benachbarten Krumbad, in Pfaffenhausen, Percha, Fendsbach, Maria Bildhausen und Grönenbach und ermöglichte dort Wohn- und Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen. Nach seinem Tod 1904 führte die St. Josefskongregation die Einrichtung weiter und baute sie weiter aus. 1927 wurde das säkularisierte Kloster Holzen, nördlich von Augsburg, 1929 ein ehemaliges Landerziehungsheim in Breitbrunn am Ammersee erworben.
Zwischen September 1940 und August 1941 wurden im Zuge der Aktion T4 519 Bewohner der Einrichtung in andere Anstalten verlegt. 199 von ihnen wurden in Tötungsanstalten vergast, 180 weitere starben durch Hungerkost oder Todesspritzen.[2] Erst 1984 bekannte sich die Anstalt öffentlich zu ihrer Rolle im Dritten Reich.[3] Ab den 1970er Jahren erfolgte die Übernahme weiterer Dienste wie Frühförderung, Tagesstätten, Förderstätten, Kurzzeitpflege, Berufsbildung sowie Mitarbeiterbildung. In den 1990er Jahren erfolgten der Ausbau neuer Wohnformen und die weitere Differenzierung der Angebots- und Betreuungsstrukturen der Einrichtung. Aufgrund der immer geringer werdenden Zahl der Ordensschwestern verselbständigte die St. Josefskongregation zum 1. Januar 1996 die Einrichtung als kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts.
Seit 2005 entstehen verstärkt regionale und dezentrale Angebote für Menschen mit Behinderungen in Bayern.
Angebote
Die Stiftung begleitet ca. 5.000 Menschen mit einer geistigen Behinderung, mit Lernbehinderung, mit mehrfacher Behinderung, mit Sinnesbehinderung, Autismus, erworbener Hirnschädigung, psychischer Erkrankung und Menschen im Alter. Dafür sind rund 4.600 Mitarbeiter an über 30 Standorten tätig (Stand 07/2021[4]). Die Angebotspalette umfasst die Bereiche Wohnen, Bildung, Arbeit, Beratung sowie ambulante und offene Dienstleistungen:
- Verschiedene Wohnangebote für Menschen mit Behinderung und Menschen im Alter
- Ambulante und Offene Hilfen in zahlreichen Landkreisen
- Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM)
- Förderstätten
- Schulen und Ausbildung: Sonderpädagogische Förderschulen, Frühförderung, Schulvorbereitende Einrichtungen, Schulbegleitung und ein Berufsbildungswerk für 20 Ausbildungsberufe
- Beratungs- und Servicestellen
- Unterstützte Kommunikation
- Medizinisches Versorgungszentrum in Ursberg
- Fachschulen für Heilerziehungspflege und Altenpflege in Ursberg
Leitbild und Auftrag
Die Stiftung widmet sich seinen Aufgaben aus christlicher Verantwortung und tritt nach eigenen Angaben für die Bedürfnisse und die Rechte von Menschen mit Behinderungen auf Grundlage des christlichen Menschenbildes und gemäß dem Auftrag seines Gründers ein.
Die Stiftung denkt und handelt nach eigenen Angaben von den individuellen Bedarfen und Bedürfnissen der Menschen mit Unterstützungsbedarf und Behinderungen her. Der christliche Glaube soll Lebenshilfe- und Grundlage sein, Glaubens- und Lebensfreude vermitteln sowie einen achtsamen Umgang miteinander ermöglichen. Die Mitarbeiter fördern nach eigenen Angaben Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Hilfe- und Assistenzbedarf. Sie handeln nach eigenen Angaben fachlich qualifiziert, wirtschaftlich, nachhaltig und umweltbewusst. Nach eigenen Angaben ist ein offener und respektvoller Umgang mit Menschen mit Begleitungs- und Unterstützungsbedarf, mit dem Umfeld und miteinander selbstverständlich.
Literatur
- Gert Tröger: Dominikus Ringeisen und sein Werk. Zur Hundertjahrfeier der Ursberger Behinderteneinrichtungen. Selbstverlag der St. Josefskongregation, Ursberg 1984, ISBN 3-932949-31-5.
- Herbert Immenkötter: Menschen aus unserer Mitte. Die Opfer von Zwangssterilisierung und Euthanasie im Dominikus-Ringeisen-Werk Ursberg. Ludwig Auer GmbH, Donauwörth 1992, ISBN 3-403-02287-0.
- Isidor Baumgartner, Anton Landersdorfer (Hrsg.): Jeder Mensch ist kostbar. Dominikus Ringeisen (1835–1904). Ein Anwalt des Lebens. Dietmar Klinger Verlag, Passau 2004, ISBN 3-932949-31-5.
- Andreas Magg: Dominikus Ringeisen. Seiner Zeit weit voraus. Entwicklung und Vermächtnis einer faszinierenden Persönlichkeit. Deni Druck und Verlags GmbH, Thannhausen 2009, ISBN 978-3-00-028071-9.
- Gernot Römer: Die grauen Busse in Schwaben. Wie das Dritte Reich mit Geisteskranken und Schwangeren umging. 2. Auflage, Wißner-Verlag, Augsburg 2009, ISBN 978-3-89639-694-5.
Einzelnachweise
- Daten und Fakten. (PDF) In: dominikus-ringeisen-werk.de. Abgerufen am 18. Januar 2021.
- Hans-Ludwig Siemen: Die bayerischen Heil- und Pflegeanstalten während des Nationalsozialismus. In: Michael von Cranach, Hans-Ludwig Siemen (Hrsg.): Psychiatrie im Nationalsozialismus. Die bayerischen Heil- und Pflegeanstalten zwischen 1933 und 1945. Oldenbourg, München 1999, S. 439, ISBN 3-486-56371-8.
- Zeit Online: 40 Jahre Schweigen, 12. Dezember 1984
- Daten und Fakten. (PDF) In: dominikus-ringeisen-werk.de. Abgerufen am 18. Januar 2021.