Die kluge Bauerntochter
Die kluge Bauerntochter ist ein Märchen (ATU 875). Es steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 94 (KHM 94).
Inhaltliche Zusammenfassung
Ein Bauer findet in einem vom König geschenkten Acker einen goldenen Mörser. Da er den dazugehörigen Stößel nicht findet, rät ihm seine Tochter davon ab, den Mörser ohne den Stößel dem König zu bringen. Der Bauer tut es trotzdem und wird sogleich gefangen gesetzt, weil der König ihm vorhält, den Stößel unterschlagen zu haben. Erst nachdem die Bauerntochter den König von ihrer Klugheit überzeugt, indem sie eine vermeintlich unlösbare Aufgabe löst, lässt dieser den Bauern wieder frei, heiratet die Bauerntochter und macht sie zur Königin.
Jahre später setzt die frühere Bauerntochter und jetzige Königin ihre Klugheit wieder ein, um einem Pferdebesitzer im Streit mit einem Ochsenbauern zu seinem Recht zu verhelfen, mischt sich dadurch aber in die Rechtsprechung des Königs ein, weswegen dieser sie verstößt. Er gesteht ihr aber noch zu, dasjenige aus dem Königsschloss mit in ihr Bauernhaus zu nehmen, was ihr „das Liebste“ ist. Die Königin versetzt ihren Mann in einen tiefen Schlaf und nimmt ihn, der ihr „das Liebste“ geworden ist, mit sich in ihr Bauernhaus.
Als der König dort wieder erwacht, erkennt er erst, wie groß die Liebe seiner Frau tatsächlich ist; er nimmt sie – zu Tränen gerührt – zurück mit auf das Schloss und lässt sich erneut mit ihr vermählen. „Und sie werden ja wohl noch auf den heutigen Tag leben“.
Herkunft
Grimms Anmerkung notiert zur Herkunft „Zwehrn“ (von Dorothea Viehmann) und vergleicht anhand mehrerer Motive die Sage von Aslaug, Tochter Brünhilds bei Sigurd, bzgl. des Rätsels auch einen Schwank in Paulis Schimpf und Ernst und bei Hans Sachs „1560. Bl. 78“, Gesta Romanorum „Cap. 124“, „Cento novelle antiche (Torino 1802) S. 163“, Wuk „S. 125. 126“, Würdtwein S. 488, die Lalenbürger, Ratherius’ sermo de octavis paschae in Haupts Zeitschrift für deutsches Altertum 8, 21, Altdeutsche Blätter 1, 149, 152, Ferdinand Wolf „über die altfranzös. Heldengedichte S. 133.“ Grimms nennen noch Colshorn Nr. 26; Zingerle „S. 160“; Pröhles Märchen für die Jugend Nr. 49; einen Reisebericht Asbjörnsens 1847 „S. 2“; Wuk Nr. 25; „Tendlau in den jüdischen Sagen S. 54“.
Ákos Dömötör sah bei 600 Fassungen als Kern die unmöglichen Aufgaben des Königs an ein kluges Mädchen. Der zweite Teil der Erzählung scheint später angefügt und ähnelt der Salomo-Sage und Midrasch-Erzählungen.[1]
Bühnenfassungen
- Carl Orff: Die Kluge, Oper (Uraufführung 1943 in Frankfurt/Main)
- Max Jacob: Die kluge Bauerntochter, Puppenspiel für Jugendliche und Erwachsene (Hohnsteiner Puppenspiele)
- Rudolf Fischer: Die kluge Bauerntochter, Puppenspiel für Jugendliche und Erwachsene (Königsteiner, später Darmstädter Puppenspiele)
- Gerd J. Pohl: Die kluge Bauerntochter, Text und Inszenierung für die Piccolo Puppenspiele
- Kolja Wlazik: Die kluge Bauerntochter. Handpuppenspiel für Kinder im Grundschulalter (Lapislazuli Puppentheater, Bergisch Gladbach)
Hörspiele
- Der arme Müllerbursch und das Kätzchen (mit Die kluge Bauerntochter auf der B-Seite), EUROPA-LP o. J.
- König Drosselbart (mit Die kluge Bauerntochter auf der B-Seite), Hörzu-Kinder-LP, o. J.
- Die kluge Bauerntochter, Litera-LP (Nr. 865205), DDR 1974.
Verfilmungen
- 1969: Wie heiratet man einen König?, DDR, basiert größtenteils auf dem Märchen, Regie: Rainer Simon.
- 1977: Die kluge Bauerntochter, Schweiz, Buch: Heinz Bothe-Pelzer; Regie: Rudolf Jugert.
- 2009: Die kluge Bauerntochter, Märchenfilm aus der 2. Staffel der ARD-Reihe Acht auf einen Streich, Deutschland, (Buch: Gabriele Kreis; Regie: Wolfgang Eißler)
Literatur
- Jacob und Wilhelm Grimm: Die schönsten Märchen der Brüder Grimm. Gütersloh 1957.
- Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm. Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Auflagen veröffentlichter Märchen und Herkunftsnachweisen herausgegeben von Heinz Rölleke. Band 3: Originalanmerkungen, Herkunftsnachweise, Nachwort. Durchgesehene und bibliographisch ergänzte Ausgabe. Reclam, Stuttgart 1994, ISBN 3-15-003193-1, S. 182–184, 483.
Einzelnachweise
- Walter Scherf: Das Märchenlexikon. Band 1. C. H. Beck, München 1995, ISBN 978-3-406-51995-6, S. 692–695.