Die Zukunft (Elsass)
Die Zukunft. Unabhängige Wochenschrift zur Verteidigung der elsaß-lothringischen Heimat- und Volksrechte war eine autonomistische Wochenzeitung im Elsass.
Geschichte
Die Zukunft erschien von 1925 bis 1927 in Saverne (Zabern), Département Bas-Rhin, und ging auf Pläne des elsässischen Politikers Karl Hauss zurück, eine eigenständige autonomistische Zeitung zu gründen, die aus Finanzmangel immer wieder zurückgestellt worden waren. Nachdem durch Vermittlung von Robert Ernst Finanzmittel aus Deutschland[1] erschlossen worden waren, konnte die Zeitung am 9. Mai 1925 erstmals erscheinen. Chefredakteur wurde Paul Schall, ab 1. Januar 1926 war Herausgeber Eugen Ricklin, ehemaliger Präsident der Zweiten Kammer des Landtages des Reichslandes Elsaß-Lothringen.[2]
Die erste Ausgabe wurde mit einer Auflage vom 5000 Stück elsassweit an alle Bürgermeister, Geistlichen und Lehrer versandt, um das neue Publikationsorgan bekannt zu machen. Nach zehn Monaten hatte Die Zukunft eine im regionalen Vergleich hohe Auflage von 35.000 Exemplaren erreicht (d. h. jede zwölfte elsässische Familie bezog das Blatt).[3] Am 12. November 1927 wurde die Zeitung von den französischen Behörden im Vorfeld des Autonomistenprozesses von Colmar verboten.[4]
Politische Ausrichtung
Die Zeitung griff vehement die französische Assimilationspolitik im Elsass seit 1918 an. Von der Zentralregierung wurden die Gleichberechtigung der deutschen Sprache, der Erhalt des Konkordats von 1801 und der Konfessionsschulen statt radikaler Trennung von Staat und Kirche, die Einrichtung einer selbständigen Landesverwaltung und die stärkere Berücksichtigung der einheimischen Beamten bei der Besetzung von Verwaltungsstellen gefordert. Zahlreiche Artikel sollten die deutschsprachigen Traditionen des Landes in Erinnerung halten.[5] Ein eindeutiges parteipolitisches Programm der Zeitung war nicht erkennbar, vielmehr zeigten sich in den einzelnen Artikeln widersprüchliche Tendenzen, die die inneren Differenzen der elsässischen autonomistischen Bewegung widerspiegeln.[6] Die Zugehörigkeit zur Dritten Französischen Republik wurde aber lange Zeit nicht in Frage gestellt.
Im Herbst 1927 radikalisierte sich Die Zukunft zusehends in Richtung eines Separatismus und sprach von den Elsaß-Lothringern als einer „betrogenen, entrechteten, niedergedrückten, beleidigten und mißhandelten“ Minderheit, die das Selbstbestimmungsrecht fordere.[7] Dies war letztlich der Anlass für das Verbot der Zeitung.
Literatur
- Karl-Heinz Rothenberger: Die elsass-lothringische Heimat- und Autonomiebewegung zwischen den beiden Weltkriegen. Peter Lang, Frankfurt a. Main 1976 (Europäische Hochschulschriften. Band 42), ISBN 3-261-01485-7 (Rothenberger nennt als Quellen für seine Arbeit mündliche und schriftliche Befragungen u. a. Paul Schalls, Robert Ernsts und Friedrich Spiesers an und gibt an etlichen Stellen deren Sichtweise des Geschehens wieder.)
- Philip Charles Farwell Bankwitz: Alsatian autonomist leaders 1919–1947. The Regents Press of Kansas, Lawrence 1978, ISBN 0-7006-0160-0.
- Christopher J. Fischer: Alsace to the Alsatians? Visions and Divisions of Alsatian Regionalism, 1870–1939. Berghahn, New York-Oxford 2010 (Studies in Contemporary European History, Vol. 5). ISBN 978-1-84545-724-2 (englisch).
Anmerkungen
- Rothenberger 1976, S. 92 berichtet, dass es sich bei dem Geldgeber nach Angaben von R. Ernst nicht um das Auswärtige Amt und auch nicht um eine Organisation gehandelt habe, sondern um eine „private Stelle in Verbindung mit einem Großindustriellen“. Bankwitz 1978, S. 21 vermutet auf Grund bekannter personeller Verbindungen, dass es sich bei dem Geldgeber um Hermann Röchling handelte.
- Rothenberger 1976, S. 92.
- Rothenberger 1976, S. 92
- Rothenberger 1976, S. 129; Bankwitz 1978, S. 25
- Rothenberger 1976, S. 93–96
- Rothenberger 1976, S. 96–97; Fischer: Alsace to the Alsatians? Berghahn, New York-Oxford 2010, S. 179–182 und 185–186 (englisch).
- Rothenberger 1976, S. 129