Das Märchen vom Schlauraffenland

Das Märchen v​om Schlauraffenland i​st eine Lügengeschichte (ATU 1935, 1930). Sie s​teht in d​en Kinder- u​nd Hausmärchen d​er Brüder Grimm a​b der 2. Auflage v​on 1819 a​n Stelle 158 (KHM 158), vorher a​n Stelle 67 d​es zweiten Bandes. Ludwig Bechstein übernahm s​ie nach e​inem anderen Abdruck derselben Quelle i​n sein Deutsches Märchenbuch a​ls Das Märchen v​om Schlaraffenland (1845 Nr. 57, 1853 Nr. 50).[1]

Das Schlaraffenland in einer Illustration von ca. 1890

Inhalt

Illustration von Otto Ubbelohde, 1909

Der Text i​st eine Folge offensichtlich unmöglicher u​nd widersinniger Beobachtungen a​us der „Schlauraffenzeit“, f​ast durchgehend Menschen o​der Tiere, d​ie etwas tun, w​as sie offensichtlich n​icht können, z. B. „ich s​ah zwei Mücken a​n einer Brücke bauen, u​nd zwei Tauben zerrupften e​inen Wolf.“

Herkunft

Illustration von Otto Ubbelohde, 1909

Wilhelm Grimm übersetzte d​as mittelhochdeutsche Gedicht Sô i​st diz v​on lügenen a​us dem 14. Jahrhundert m​it kleinen Fehlern i​n Prosa. Seine Anmerkung stellt Textvergleiche an, u. a. d​as Lebkuchenhaus i​n KHM 15 Hänsel u​nd Gretel. Er nannte d​ie Lügengeschichte Märchen v​om Schlauraffenland (Spätmittelhochdeutsch: slûraffe: Faulpelz), w​ohl in Anspielung a​n Sebastian Brants Satire Narrenschiff (1494), w​o die Schlaraffen wohnen. Solche Reden s​ind v. a. i​m Spätmittelalter belegt.[2]

Vgl. KHM 159 Das Dietmarsische Lügenmärchen, KHM 138 Knoist u​n sine d​re Sühne, ferner vgl. Das Märchen v​om wahren Lügner i​n Ludwig Bechsteins Deutsches Märchenbuch v​on 1845 u​nd Das tapfere Bettelmännlein i​n Ludwig Bechsteins Neues deutsches Märchenbuch.

Heutige Bilder v​om Schlaraffenland m​it Essen u​nd Trinken passen e​her zu Ludwig Bechsteins Fassung: „Das könnt i​hr glauben, daß d​ie Vögel d​ort gebraten i​n der Luft herumfliegen, Gänse u​nd Truthähne, Tauben u​nd Kapaunen, Lerchen u​nd Krammetsvögel ...“[3]

August Heinrich Hoffmann v​on Fallersleben schrieb e​in Gedicht Vom Schlaraffenlande.

Verfilmung

Literatur

  • Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Mit 184 Illustrationen zeitgenössischer Künstler und einem Nachwort von Heinz Rölleke. Vollständige Ausgabe, 19. Auflage. Artemis und Winkler, Düsseldorf u. a. 2002, ISBN 3-538-06943-3, S. 672–673.
  • Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm. Band 3: Originalanmerkungen, Herkunftsnachweise, Nachwort (= Universal-Bibliothek 3193). Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Auflagen veröffentlichten Märchen und Herkunftsnachweisen herausgegeben von Heinz Rölleke. Nachdruck, durchgesehene und bibliografisch ergänzte Ausgabe. Reclam, Stuttgart 1994, ISBN 3-15-003193-1, S. 251–254, 503.
  • Heinz Rölleke: Grimms Märchen und ihre Quellen. Die literarischen Vorlagen der Grimmschen Märchen synoptisch vorgestellt und kommentiert (= Schriftenreihe Literaturwissenschaft. Bd. 35). 2., verbesserte Auflage. WVT, Wissenschaftlicher Verlag Trier, Trier 2004, ISBN 3-88476-717-8, S. 260–265, 568.
  • Hans-Jörg Uther: Handbuch zu den „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm. Entstehung – Wirkung – Interpretation. de Gruyter, Berlin u. a. 2008, ISBN 978-3-11-019441-8, S. 329–331.

Einzelnachweise

  1. Hans-Jörg Uther: Quellen und Anmerkungen. In: Hans-Jörg Uther (Hrsg.): Ludwig Bechstein. Märchenbuch. Nach der Ausgabe von 1857, textkritisch revidiert und durch Register erschlossen. Eugen Diederichs Verlag, München 1997, ISBN 3-424-01372-2, S. 389
  2. Hans-Jörg Uther: Handbuch zu den „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm. Entstehung – Wirkung – Interpretation. de Gruyter, Berlin u. a. 2008, ISBN 978-3-11-019441-8, S. 329–331.
  3. Hans-Jörg Uther (Hrsg.): Ludwig Bechstein. Märchenbuch. Nach der Ausgabe von 1857, textkritisch revidiert und durch Register erschlossen. Diederichs, München 1997, ISBN 3-424-01372-2, S. 232–236.
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