Copenhagen Live 1964
Copenhagen Live 1964 ist ein Jazzalbum von Albert Ayler, das am 3. September 1964 im Jazzhus Montmartre in Kopenhagen aufgenommen und im April 2017 bei HatHut Records erschien. Zunächst wurden die Mitschnitte als The Copenhagen Tapes (Ayler Records, 2002) veröffentlicht.[1]
Hintergrund
Im Juni 1964 trat Albert Ayler mit Gary Peacock (Bass) und Sunny Murray (Perkussion) im New Yorker Club Cellar Cafe auf (Prophecy); einen Monat später entstand das Album Spiritual Unity. Eine Woche danach traf das Ayler-Trio bei Aufnahmen für einen Filmsoundtrack (New York Eye and Ear Control) auf Don Cherry (Kornett), Roswell Rudd (Posaune) und John Tchicai (Altsaxophon). Im Herbst ging Ayler mit Cherry, Peacock und Sunny Murray auf eine Europatournee, von der Mitschnitte aus Kopenhagen und Hilversum vorliegen.[2]
Titelliste
- Albert Ayler Quartet: Copenhagen Live 1964 (hatOLOGY 665[3])
- Spirits 8:45
- Vibrations 8:14
- Saints 8:59
- Mothers 7:41
- Children 8:38
- Spirits 1:18
Rezeption
Richard Brody schrieb in The New Yorker, dass nach Cecil Taylor Ayler der große Befreier war, der die Improvisation von harmonischen Untergründen und zu der Vorstellung der musikalischen Tonhöhe bis hin zum reinen Klang führte. Er tat es mit einer tiefen Fundierung in der Kirchenmusik der afroamerikanischen Tradition, Melodien des einfachen spirituellen Mysteriums, mit der er dann in die musikalische Metaphysik drang. „Copenhagen Live 1964“ sei eine außergewöhnliche Leistung von Aylers Quartett des Jahres 1964. Man erlebe „die epochale Kraft von der Revolution, die sie vollbrachten - und das stellte so etwas wie den Endpunkt des Jazz dar; mehr oder weniger ist der gesamte Jazz, der in der Folge entstanden ist, postapokalyptisch oder, wie Sun Ras Band es einige Jahre später formulierte After the End of the World“.[4]
Mark Corroto verlieh dem Album in All About Jazz vier (von fünf) Sterne und meinte, dass Aylers frühe Karriere in Clevelands R&B-Szene nicht den Grundstein für seine musikalische Revolution gelegt habe. Vielleicht wäre es seine Zeit bei der US-Armee in Frankreich und der anschließende Umzug nach Schweden, der seine Bekehrung erleichterte. Er sei zu einer Art biblischer Hesekiel geworden, so der Autor, der eine Nachricht vom Himmel empfangen hätte. „Als der Schlagzeuger Sunny Murray und der Pianist Cecil Taylor den Saxophonisten in Europa zum ersten Mal hörten, wurde ihre Skepsis schnell zum Glauben. Sein kraftvoller Sound, von dem die Legende erzählt, dass er die Decken zerbrechen könnte, kam vollständig geformt an. Die Tatsache, dass 1962 niemand für Ayler bereit war, wirft die Frage auf, sind wir es jetzt? Heute können Sie den Saxophonisten John Dikeman und Mats Gustafsson, den modernen Nachkommen des Ayler-Sounds, zuhören und zum Glück einiges von der Musik hören, die er in seinem kurzen Leben gemacht hat.“[5]
Zum vorliegenden Mitschnitt meinte Corroto, „die Brandgeräusche, ein Manna des Free-Jazz-Aficionados aus dem Himmel, werden hier liebevoll remastert, und Derek Taylors Anmerkungen geben dieser Sitzung einen historischen Kontext. Das Quartett beginnt mit dem nunmehr bekannten Stück ‚Spirits‘, einer Beschleunigung der Energie. Peacocks Agilität am Bass wird durch die Grazie ausgeglichen, mit der er die Architektur der Musik aufrechterhält. Während Ayler Wände (und Tradition) durchbrennt, fungiert Cherry als sein Leutnant, der manchmal Ayler eskortiert, bevor er ihn in neue Richtungen drängt. Wo [dessen] Bruder Don Ayler dreist war, bevorzugt Cherry einen subtileren Sound. Die Unheimlichkeit von ‚Saints‘ wird durch Murrays geisterhaftes Stöhnen und sein Verlassen des ständigen Pulses für einen fragmentierten Klang verstärkt.“ Man könne diese Musik revolutionär und frei nennen, resümiert der Autor. „Erkennen Sie aber auch, dass der Prophet Albert Ayler sich auf der Erde befunden hat, um diese Botschaft zu überbringen, eine, die Anhänger im Meister John Coltrane, dann in Gato Barbieri, David Murray, Paul Flaherty und die Rockikone Thurston Moore fand.“[5]
Colin Fleming schrieb in JazzTimes: „Manchmal weiß man nicht, wohin man seine Aufmerksamkeit richten möchte. Murray und Peacock sind ein Wunder von einem Rhythmus-Team, das mehr Kontrapunkt und Farbe bietet als Rhythmus und Fluss, während man nie weiß, in welche Richtung Cherry sich als nächstes bewegen könnte. Der Typ ist schnell, schneller und formuliert seine Ideen am schnellsten. Ayler hat manchmal einen vollmundigen Ton, der an einen Tenormeister wie Sonny Rollins aus der Mitte des Jahrhunderts erinnert, aber es gibt nichts weiter entferntes Rollins-ähnliches - oder irgendjemanden-ähnliches - zu seinem Spiel. Dass sie mit New Orleans-Begräbnismusik arbeiten, um die interstellaren Stylings zu ergänzen, macht diesen Set zu einem schurkenhaften Outfit, an das keine andere Jazzband herankam.“[6]
Weblinks
- Listung des Albums Copenhagen Live 1964 bei AllMusic (englisch). Abgerufen am 1. April 2019.
Einzelnachweise
- The Copenhagen Tapes bei Ayler Records
- Tom Lord: The Jazz Discography (online, abgerufen 6. April 2019)
- Diskographische Hinweise bei Discogs
- Richard Brody: The Best Jazz Reissues and Rediscoveries of 2017. The New Yorker, 14. Dezember 2017, abgerufen am 6. April 2019 (englisch).
- Mark Corroto: Albert Ayler Quartet: Copenhagen Live 1964. All About Jazz, 30. Mai 2017, abgerufen am 6. April 2019 (englisch).
- Colin Fleming: Albert Ayler Quartet: Copenhagen Live 1964. JazzTimes, 2. Oktober 2017, abgerufen am 6. April 2019 (englisch).