Charta partita

Die Charta partita (lateinisch; häufiger a​uch Chirograph v​on altgriechisch χειρόγραφον, cheirógraphon, „Handschrift“; deutsch a​uch Kerbzettel, Zerter, Kerbschnittbrief, Teilurkunde) w​ar eine i​m Mittelalter, a​ls die Siegel n​och nicht allgemein gebräuchlich waren, besonders i​n England u​nd im nordwestlichen Teil d​es Kontinents verwendete „geteilte Urkunde“.

Chirograph von Ledesma, Mitte 13. Jh.

Jede Partei erhielt e​in gleichlautendes Exemplar (Charta paricola) d​er Urkunde, sämtliche Exemplare d​er Urkunde w​aren aber ursprünglich a​uf ein Blatt geschrieben, a​n dessen oberstem Teil e​in Wort o​der ein Denkspruch stand. Beim Abschneiden d​er Exemplare w​urde auch d​as Wort o​der der Merkspruch i​n gerader (Charta partita) o​der Zickzack- bzw. unregelmäßiger Linie durchschnitten (Charta indentata). Die Echtheit d​er Urkunde w​urde dadurch bezeugt, d​ass bei späterer Aneinanderfügung d​er Teile a​uch die Teile d​es Wortes o​der Spruches passen mussten. Als geteiltes Wort verwendeten d​ie Schreiber häufig „Chirographum“, d​ie in d​er deutschen wissenschaftlichen Literatur dominante Bezeichnung.

Situation in Deutschland

Die geläufige Bezeichnung i​n Deutschland für e​ine derartige Urkunde w​ar Kerbzettel. Der Wortlaut d​es Dokuments w​urde zweimal a​uf ein Blatt Pergament geschrieben, d​as anschließend zerschnitten wurde. Die beiden Teile besaßen a​uf drei Seiten e​inen geraden Rand, a​uf der vierten jedoch e​inen wellenförmigen o​der gezackten Rand. Beide Vertragsparteien erhielten j​e einen Teil. Bei Vorlage d​er Urkunde konnte a​uf diese Weise d​ie Echtheit bewiesen werden, i​ndem beide Schriftstücke o​hne Zwischenraum aneinander passten. Normalerweise w​ar auf d​em Dokument vermerkt, d​ass davon z​wei aus e​iner Seite geschnittene Ausfertigungen existierten. Um d​ie Rechtssicherheit z​u erhöhen, wurden d​ie Urkunden später zusätzlich m​it einem o​der mehreren Siegeln versehen.[1]

Siehe auch

Literatur

  • Barbara Berewinkel: Chirographe des 13. Jahrhunderts aus dem Zisterzienserkloster Altenberg. In: Peter Rück (Hrsg.): Graphische Symbole in mittelalterlichen Urkunden. Beiträge zur diplomatischen Semiotik. Thorbecke, Sigmaringen 1996, ISBN 3-7995-4203-5, S. 551–558 (Historische Hilfswissenschaften 3).
  • Bernhard Bischoff: Zur Frühgeschichte des mittelalterlichen Chirographum. In: Archivalische Zeitschrift, 50/51, 1955, S. 297–300.
  • Hans Goetting: Das Hilwartshäuser Chirograph von 1004. In: Archiv für Diplomatik, 25, 1979, S. 37–58.
  • Michel Parisse: Remarques sur les chirographes et les chartes-parties antérieurs à 1120 et conservées en France. In: Archiv für Diplomatik, 32, 1986, S. 546–567.
  • Catello Salvati: Un esempio di „charta per alphabetum divisa“. Archivio di Stato, Neapel 1968.
  • Jane E. Sayers: The land of chirograph, writ and seal. The absence of graphic symbols in English documents. In: Peter Rück (Hrsg.): Graphische Symbole in mittelalterlichen Urkunden. Beiträge zur diplomatischen Semiotik. Thorbecke, Sigmaringen 1996, ISBN 3-7995-4203-5, S. 533–548 (Historische Hilfswissenschaften 3).
  • Otto Sigg: Überlieferte Chirographie in Zürcher Gemeindearchiven 15.–18. Jahrhundert. In: Archivalische Zeitschrift, 88, 2006, S. 949–958.
  • Winfried Trusen: Chirograph. In: Lexikon des Mittelalters. Band II. Sp. 1844 f.
  • Charta partita. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 3, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 956.

Einzelnachweise

  1. Herbert Stöwer: Entrup am Ausgang des Mittelalters. In: Heimatland Lippe. Heft 6/1982.
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