Carl Erdmann
Carl Erdmann (* 17. November 1898 in Dorpat; † 7. Mai 1945 bei Zagreb) war ein deutscher Historiker und Mediävist.
Erdmann studierte von 1916 bis 1919 zunächst Evangelische Theologie in Berlin, wandte sich dann aber dem Studium der Geschichtswissenschaft in München und Würzburg zu. Ab 1921 lebte er drei Jahre als Hauslehrer in Portugal. 1925 promovierte Erdmann in Würzburg, ein Jahr später begann er im Auftrag von Paul Fridolin Kehr, die Papsturkunden in Portugal für das Göttinger Papsturkundenwerk zu sammeln. Von 1926 bis 1932 war er Assistent am Preußischen Historischen Institut in Rom und ab 1934 Mitarbeiter der Monumenta Germaniae Historica (MGH) in Berlin. 1935 erschien seine Habilitationsschrift Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens, die zu einem Klassiker wurde und Erdmann aus heutiger Sicht zu einem der wichtigsten deutschen Mediävisten des 20. Jahrhunderts machte. 1938 publizierte er seine Studien zur Briefliteratur Deutschlands im elften Jahrhundert.
Erdmann war ein früher und entschiedener Gegner des Nationalsozialismus. Da er nicht davor zurückschreckte, dies auch deutlich auszusprechen, blieb ihm eine Universitätskarriere versagt. 1936 entzog ihm die Universität Frankfurt am Main die Lehrberechtigung, er blieb jedoch Mitarbeiter der Monumenta Germaniae Historica. Als er das 40. Lebensjahr bereits überschritten hatte, wurde Erdmann 1943 zur Wehrmacht eingezogen und in die italienische Abteilung einer Dolmetscherkompanie eingegliedert. 1944 gelangte er nach Tirana (Albanien), wo er als Dolmetscher in einem Gefangenenlager nahe Zagreb tätig war. Wahrscheinlich erkrankte er dort an Fleckfieber. Sein Grab befindet sich auf einem Soldatenfriedhof bei Zagreb.
Seit April 2011 ist der Preis für jüngst Habilitierte, den der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands vergibt, nach Carl Erdmann benannt.[1]
Schriften
- Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens. Kohlhammer, Stuttgart 1935, (auch Nachdrucke) online.
- als Herausgeber: Die Briefe Heinrichs IV. (= Monumenta Germaniae historica. Kritische Studientexte der Monumenta Germaniae Historica. Deutsches Mittelalter. Bd. 1, ISSN 0340-8396). Hiersemann, Stuttgart 1937, (auch Nachdrucke).
- Studien zur Briefliteratur Deutschlands im elften Jahrhundert (= Monumenta Germaniae historica. Schriften. Bd. 1, ISSN 0080-6951). Hiersemann, Leipzig 1938, (auch Nachdrucke).
Literatur
- Friedrich Baethgen: Nekrolog. Carl Erdmann. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters. Bd. 8, 1951, S. 251–253 (Digitalisat).
- Gottfried Opitz: Erdmann, Carl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 570 (Digitalisat).
- Folker Reichert: Weshalb es sich lohnt, die Briefe eines Unbekannten zu edieren. In: Matthias Berg, Helmut Neuhaus (Hrsg.): Briefkultur(en) in der deutschen Geschichtswissenschaft zwischen dem 19. und 21. Jahrhundert (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Band 106). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2021, ISBN 978-3-525-37095-7, S. 351–369.
- Folker Reichert: Der Historiker Carl Erdmann und das "Dritte Reich". Bd. 1: Die Biographie, Bd. 2: Briefe 1933–1945. wbg Academic, Darmstadt 2022, ISBN 978-3-534-27403-1.
Weblinks
- Literatur von und über Carl Erdmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Mitarbeiter bei der Monumenta Germaniae Historica (MGH) München
- William Purkis: Carl Erdmann (1898-1945) (Forscherprofil Erdmanns auf dem Portal für Kreuzzugsforschung der QMUL mit weiter führender Literatur und Foto)
- Baltische Historische Kommission (Hrsg.): Eintrag zu Carl Erdmann. In: BBLD – Baltisches biografisches Lexikon digital