Berthold Wehmeyer
Berthold Wehmeyer (* 7. Juni 1925 in Berlin; † 11. Mai 1949 ebenda) war der einzige Straftäter, der in West-Berlin zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde.
Leben
Der gelernte Schlosser Wehmeyer war zusammen mit seinem namentlich nicht bekannten Begleiter am 22. April 1947 zu einer sogenannten Hamsterfahrt in die Prignitz aufgebrochen. In Wusterhausen lernten sie am nächsten Tag die 60-jährige Eva Kusserow aus Berlin-Weißensee kennen, die sich ebenfalls auf Hamsterfahrt befand. Am selben Abend trafen sich die drei in Wusterhausen wieder. Während Wehmeyers Bekannter und Kusserow ihre Tauschwaren erfolgreich gegen Kartoffeln tauschen konnten, blieb Wehmeyer erfolglos. Um in den Besitz der 20 kg Kartoffeln der Eva Kusserow zu gelangen, erwürgten Wehmeyer und sein Bekannter die Frau. Zusätzlich dazu wurde sie vergewaltigt. Die beiden Verurteilten versteckten die Leiche der Frau auf einem Feld bei Wusterhausen, wo sie am 28. April 1947 gefunden wurde.
Wenige Tage später wurden Wehmeyer und sein Bekannter als Tatverdächtige von der Berliner Kriminalpolizei ermittelt und festgenommen. Mit den damaligen Mitteln der Kriminaltechnik gelang es jedoch nicht, die Schuld für den Mord eindeutig einem der beiden Verdächtigen zuzuordnen, zumal sich die beiden gegenseitig beschuldigten. Wehmeyers Bekannter widerrief später seine Geständnisse und belastete zusammen mit seiner Frau den verdächtigen Berthold Wehmeyer als Haupttäter. In einem psychiatrischen Gutachten wurde Wehmeyer außerdem attestiert, er sei ein „grobschlächtiger Gewalttäter“ mit „ungewöhnlichem Sexualtrieb“. Er war im Alter von sechzehn Jahren bereits in einem anderen Fall wegen Raubes verurteilt worden. Seinem Bekannten dagegen wurde eine normale Sexualität bescheinigt.
Im Prozess vor dem Berliner Schwurgericht wurde Berthold Wehmeyer am 5. Juli 1948 als Haupttäter auf Grundlage des nach Kriegsende mit Ausnahme seiner Staatsschutzbestimmungen weitergeltenden Reichsstrafgesetzbuchs von 1871 wegen Mordes zum Tode und wegen Vergewaltigung zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Mitangeklagte erhielt wegen Beihilfe zum Mord eine Strafe von sechs Jahren Gefängnis. Die von Wehmeyers Verteidiger eingereichte Revision des Urteils wurde zurückgewiesen. Wehmeyers Gnadengesuch blieb ebenfalls erfolglos. Ein erster Hinrichtungstermin am 10. Mai 1949 wurde verschoben, da Wehmeyers Anwalt einen neuen angeblichen Zeugen benannte und eine Neuaufnahme des Prozesses beantragte. Dieser Antrag wurde umgehend abgelehnt und Berthold Wehmeyer wurde in den frühen Morgenstunden des 11. Mai 1949 im Hinrichtungsraum des Zellengefängnisses in der Lehrter Straße mit dem Fallbeil vermutlich durch Gustav Völpel[1] enthauptet.
Am 8. Mai 1949 war zwar für die drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands (ohne Berlin) das Grundgesetz verabschiedet und damit auch die Todesstrafe abgeschafft worden, es wurde jedoch erst am 12. Mai 1949 von den Westalliierten genehmigt und trat mit Ablauf des 23. Mai 1949 in Kraft. In West-Berlin galt das Grundgesetz bis zur deutschen Wiedervereinigung 1990 nur insoweit, als nicht die Maßnahmen der Besatzungsmächte seine Anwendung beschränkten. Deren Vorbehalte schlossen aus, dass Bundesorgane unmittelbar Staatsgewalt über Berlin ausübten. Somit wurde die Todesstrafe erst durch den West-Berliner Senat in Absprache mit den Westalliierten am 20. Januar 1951 per Beschluss teilweise abgeschafft. Bis dahin wurden Todesurteile in lebenslange Haft umgewandelt. Für den Fall besonders schwerer Verstöße gegen das alliierte Kriegswaffenkontrollratsgesetz und im Fall von Sabotage gegen Einrichtungen und Angehörige der Alliierten blieb in Berlin die Gerichtsbarkeit der Alliierten in Kraft, die im Fall der USA auch eine Verhängung der Todesstrafe vorsah. Erst mit dem Ende der alliierten Besatzung Berlins nach der Wiedervereinigung wurde auch diese Strafe abgeschafft.
Literatur
- Ernst Reuß: Millionäre fahren nicht auf Fahrrädern. Justizalltag im Nachkriegsberlin. Vergangenheitsverlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-86408-092-0, S. 28 ff.
- Peter Jacobs: Noch vier Jahre nach dem Krieg rollten in Moabit die Köpfe. Jetzt steht das Fallbeilgerät in einem schwäbischen Museum: Berlins letzte Guillotine. In: Berliner Zeitung. 25. Mai 2002 .
- Kai Posmik: Im Mai 1949 wurde in West-Berlin das letzte Todesurteil vollstreckt - zwölf Tage vor der Abschaffung der Todesstrafe durch das Grundgesetz: Mord auf der Hamsterfahrt. In: Berliner Zeitung. 9. Mai 2009 .
- Sebastian Leber: Die Geschichte: Gnadenlos. In: Der Tagesspiegel. 10. Mai 2009 .