Bauleistungsversicherung
Die Bauleistungsversicherung (früher auch Bauwesenversicherung oder Bauversicherung) ist oft Bestandteil einer Gebäudeneubauversicherung und schützt Bauunternehmer und Bauherren vor Schäden, die unvorhersehbar sind und während der Bauzeit auftreten. Dazu zählen insbesondere Schäden verursacht durch höhere Gewalt wie zum Beispiel Hochwasser oder Sturm. Es sind im Allgemeinen aber auch Schäden durch Vandalismus, unbekannte Eigenschaften des Baugrundes, Konstruktions- und Materialfehler, Fahrlässigkeit und Ähnliches versichert. Sie definiert sich als Allgefahrendeckung für das im Entstehen befindliche Bauprojekt mit Nennung abschließend aufgezählter Ausschlüsse. Nicht versichert sind insbesondere Schäden durch Feuer (Brand, Blitzschlag, Explosion, An- oder Abprall bemannter und unbemannter Flugkörper). Die Versicherung des Feuerrisikos erfolgt zumeist über eine sogenannte Feuerrohbauversicherung, welche während der Bauzeit im Allgemeinen kostenfrei von den Versicherern geboten wird und sich nach Bezugsfertigkeit in die Wohngebäudeversicherung umwandelt.
Die Laufzeit der Bauleistungsversicherung erstreckt sich üblicherweise über die gesamte Bauzeit des Objektes, oft jedoch begrenzt auf 12 oder 24 Monate.
Nach VOB Teil B §7 ist die Tragung der Gefahr für das im Entstehen befindliche Objekt wie folgt geregelt:
- Für unabwendbare Ereignisse (auch Krieg, höhere Gewalt, Aufruhr) muss der Bauunternehmer nicht aufkommen (zum Beispiel außergewöhnliche Witterungsereignisse). Der Bauunternehmer hat Anspruch auf Ersatz seiner Leistungen durch den Bauherrn.
- Für sonstige Ereignisse (zum Beispiel ungewöhnliche Witterungsverhältnisse) muss der Bauunternehmer Ersatz leisten. Ein Anspruch auf Erstattung seiner Leistungen durch den Bauherrn steht ihm nicht zu.
Der Bauunternehmer kann erst nach Abnahme seines Werkes durch den Bauherrn Vergütung von diesem verlangen. Wird ein Rohbau durch ein unvorhersehbares Ereignis beschädigt, muss der Bauunternehmer neu bauen und erhält vom Bauherrn erst bei Abnahme das vereinbarte Entgelt.
Mit der Bauleistungsversicherung kann der Bauunternehmer für diese abermalige Leistung Ersatz erhalten.
Für den Bauherrn ist diese Versicherung von großem Wert, da im Falle eines unabwendbaren Ereignisses – wenn der Bauunternehmer Anspruch auf Erstattung seiner Leistungen hat – der Bauherr über die Bauleistungsversicherung Ersatz verlangen kann (Bauherrenrisiko).
Wenn der Bauunternehmer die Versicherung abschließt, kann vereinbart werden, dass das Bauherrenrisiko mitversichert wird.
Ist der Bauherr Versicherungsnehmer, ist die Mitversicherung des Bauherrenrisikos obligatorisch. In diesen Fällen wird meist vereinbart, dass die Prämie für die Bauleistungsversicherung auf die Bauunternehmer im Anteil ihrer Gewerke umgelegt wird.
Die Bauleistungsversicherung wird von den Versicherern (Versicherungsgesellschaften) in zwei Hauptformen vertrieben.
- Mit dem Bedingungswerk „Allgemeine Bedingungen für die Bauleistungsversicherung durch Auftraggeber“ (ABN) werden für einen Gebäudeneubau oder einen Gebäudeumbau alle Bauleistungen versichert.
- Mit dem Bedingungswerk „Allgemeine Bedingungen für die Bauleistungsversicherung von Unternehmerleistungen“ (ABU) werden Bauleistungen selbst, einschließlich Nebenleistungen, insbesondere für Bauunternehmer versichert.
Dabei unterscheiden sich die beiden Bedingungswerke nicht besonders stark. Bei den Versicherungsausschlüssen und bei den Regelungen über die Entschädigung sind sie in weiten Teilen identisch. Die deutlichsten Unterschiede finden sich zwischen den beiden Versicherungsarten der Bauleistungsversicherung in Bezug auf die Frage, was versichert ist.
Nach den ABN werden bei einem Gebäudeneubau oder einem Gebäudeumbau alle Bauleistungen versichert. Die Versicherung zielt also im Kern auf ein bestimmtes Gebäude und dient damit den Interessen insbesondere des Bauherrn, aber auch den Interessen von Generalunternehmern oder Generalübernehmern, die mit Hilfe der ABN die Herstellung eines gesamten Gebäudes versichern möchten. Die versicherten Risiken bei den ABN werden als Bauherrenrisiko und Unternehmerrisiko bezeichnet.
Demgegenüber zielen die Versicherungen nach den ABU nicht auf ein Gebäude, vielmehr auf Bauleistungen und Nebenleistungen – solche des Bauhauptgewerbes (Hoch- und Tiefbau), aber auch solche des Baunebengewerbes. Beispiele sind der Straßen-, Tunnel- und Stollenbau sowie der Bau von Klär- und Wasserkraftwerken. Die Versicherung auf Grundlage der ABU ist damit die typische Versicherung für Bauunternehmer. Versichert gilt das Unternehmerrisiko, die Mitversicherung des Auftraggeberrisikos (Klausel 6364 und 6365 zu den ABU) ist möglich.
Fast eine eigene Art der Bauversicherung stellt eine Versicherung auf Grundlage der ABU dar, die über die sogenannte Zusatzklausel 6364 auch diejenigen Schäden, die von einem Bauherrn selbst zu tragen sind, versichert. Da eine solche um Klausel 6364 erweiterte ABU-Versicherung auch vom Bauherrn selbst abgeschlossen werden kann (über die sogenannte Klausel 6365), entsteht auf diese Weise faktisch eine eigene Bauherrenversicherung. Sollen alle Schäden für Bauleistungen an einem Objekt in Bezug auf Haftungsmöglichkeiten aller am Bauvorhaben Beteiligter versichert werden, müssen mehrere Versicherungen, eine Versicherung nach den ABN sowie eine nach ABU mit Klausel 6365, abgeschlossen werden.
Weblinks
Literatur
- Horst Dietz, Sven Fischer, Christian Gierschek – Wohngebäudeversicherung – Kommentar, Verlag Versicherungswirtschaft, 2015, ISBN 978-3-8629-8342-1
- Rolf Rehm, Dieter Frömel – Bauleistungsversicherung – Beck Juristischer Verlag, 2008, ISBN 978-3-4065-7460-3
- Florian Krause-Allenstein – Handbuch Bauversicherungsrecht – Werner Verlag, 2013, ISBN 978-3-8041-2285-7