Bürgerrat Bildung und Lernen
Der Bürgerrat Bildung und Lernen ist ein von der Montag Stiftung Denkwerkstatt initiiertes und finanziertes Beteiligungsformat, bei dem ausgeloste Bürger ab 16 Jahren aus Deutschland Vorschläge entwickeln, mit denen notwendige Veränderungen im Bildungssystem umgesetzt werden sollen. Zusätzlich können Schüler verschiedener Jahrgänge und Schulformen eigene Ideen in Schulwerkstätten entwickeln und in den Bürgerrat einbringen. Der Bürgerrat wurde 2020 gegründet.
Über drei Jahre hinweg – bis 2023 – findet jedes Jahr ein Durchlauf statt, bei dem einzelne Beratungsschritte aufeinander aufbauen: Zu Beginn des ersten Durchlaufs wurde 2020/2021 die Öffentlichkeit in einem Online-Dialog einbezogen. Eine kleine Gruppe von ausgelosten Bürgern hat anschließend die Einreichungen priorisiert und die Themen für das große Bürger- und Jugendforum im Mai 2021 vorbereitet. Zwei Tage lang haben 400–500 Teilnehmende in Kleingruppen und anhand deliberativer Verfahren Vorschläge erarbeitet, aus denen der Bürgerrat in weiteren Sitzungen mit zwischen 50 bis 100 Teilnehmenden Empfehlungen formuliert hat. Diese werden Politikern aus Bund, Ländern und Kommunen übergeben. Während des Prozesses stehen den Teilnehmenden Experten zur Verfügung, die bei Bedarf zu einzelnen Themen befragt werden können. Innerhalb der drei Jahre Laufzeit werden einzelne Prozessschritte des Bürgerrats angepasst.
Kinder- und Jugendbeteiligung
Weil das Thema Bildung in besonderem Maße junge Menschen betrifft, sind Teilnehmende zwischen 16 und 25 Jahren im Bürgerrat bewusst überrepräsentiert. Um auch jüngere Kinder in die Arbeit des Bürgerrats Bildung und Lernen einzubeziehen, finden Schulwerkstätten in mehreren Schulen, Schulformen und Bundesländern statt. Repräsentiert werden die Schüler im Bürgerrat von aus den eigenen Reihen gewählten Botschaftern. Im ersten Durchgang 2020/2021 haben fünf Schulwerkstätten mit Kindern und Jugendlichen zwischen 8 und 16 Jahren stattgefunden. Die Beteiligung von Schülern wird in den nächsten Durchgängen weiter ausgebaut.
Ziele
Der Bürgerrat Bildung und Lernen soll die Perspektiven von Experten und Politikern um die Perspektiven von Bürgern ergänzen. Indem Bürger mit verschiedenen demografischen Hintergründen mehrheitsfähige Vorschläge entwickeln, will der Bürgerrat einen Impuls geben, notwendige bildungspolitische Reformen umzusetzen.
Selbstverständnis
Der Bürgerrat Bildung und Lernen versteht sich als Plattform, auf der möglichst viele Menschen (ein Querschnitt der Bevölkerung) in einem deliberativen Verfahren Ideen und Vorschläge beraten und zu fundierten Empfehlungen kommen. Jeder Durchgang wird ausgewertet. Erkenntnisse aus den Evaluationen werden genutzt, um die Verfahrensschritte sowie die weiteren Aktivitäten des Bürgerrats in den folgenden Durchläufen anzupassen.
Zusammensetzung der Teilnehmenden
Für die Auswahl der beteiligten Bürger nutzt der Bürgerrat Bildung und Lernen Zufallsverfahren. Die genutzten Verfahrenswege basieren auf sozio-demografischen Kriterien, um eine vielfaltige Zusammensetzung des Bürgerrats nach Geschlecht, Alter, Bildung und Regionen zu erreichen: Die Teilnehmenden sollen möglich einen Querschnitt der deutschen Gesellschaft abbilden. 2020 nutzte der Bürgerrat für die Zufallsauswahl:
- eine telefonische Zufallsstichprobe mit 47.828 Festnetz und Mobilfunknummern aus Deutschland,
- eine Zufallsauswahl mit 19.156 Postwurfsendungen an zufällig gezogene Stichproben von Einwohnermeldeämtern zwölf mittelgroßer Städte – mit einem Schwerpunkt auf die junge Generation von 16 bis 30 Jahren.
Empfehlungen des Bürgerrats 2020/2021
Im Bürger- und Jugendforum im Mai 2021 haben die Teilnehmenden insgesamt 50 Vorschläge für Veränderungen im Bildungssystem ausgearbeitet. Aus diesen hat der zentrale Bürgerrat im September 2021 insgesamt acht Empfehlungen formuliert, die teilweise mehrere der vorliegenden Vorschläge zusammenfassen. Themen, die in diesem Jahr nicht an die Politik weitergegeben werden, werden im weiteren Verfahren berücksichtigt, insofern sie von den teilnehmenden Bürgern mitgetragen werden. Die Empfehlungen des Bürgerrats wurden in einem Sofortprogramm zusammengefasst. Die Empfehlungen der Kinder und Jugendlichen aus den Schulwerkstätten wurden in einem eigenen Report veröffentlicht.
Hintergrund
Mit Beginn der Corona-Krise seien grundsätzliche Probleme in Bildungseinrichtungen noch deutlicher sichtbar geworden.[1][2][3] Sowohl Experten als auch Politiker bieten Lösungen für die bestehende Herausforderungen an.[4][5] Dennoch würden Reformen nicht oder nur sehr zögerlich umgesetzt.[6][7][8] Die Montag Stiftung Denkwerkstatt hat den Bürgerrat Bildung und Lernen initiiert, um die Perspektiven von Bürgern sichtbar zu machen und damit zur politischen Willensbildung beizutragen.
Die Durchführung und Moderation des Bürgerrats übernehmen im Auftrag der Montag Stiftung Denkwerkstatt IKU_Die Dialoggestalter.
Befürworter und ideell Unterstützende
- Bundeselternrat
- Deutscher Städtetag
- Grundschulverband e.V.
- Deutscher Städte- und Gemeindebund
- Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e. V.
- youpaN-Jugend-Panel zur Bildung für nachhaltige Entwicklung der Stiftung Bildung
- GGG-Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule Verband für Schulen des gemeinsamen Lernens
- Netzwerk Stiftungen und Bildung
Weblinks
Medien
- Bürgerrat Bildung und Lernen auf www.buergerrat.de
- ZDF LOGO am 18. Juli 2021: Kinder sagen, wie Schule gehen soll
- Siebtklässler krempeln das Schulsystem um. In: Süddeutsche Zeitung. 23. Juni 2021:
- Bildungsserver am 11. Juni 2021: Interview mit Sabine Milowan, Leiterin der Montag Stiftung Denkwerkstatt
- Spiegel Online am 1. Juni 2021: »Es geht doch um unser Land«
- Frankfurter Rundschau am 28. Mai 2021: Bildung im Blick von außen
- Bildungsserver am 26. Mai 2021: Interview mit Bürgerrats-Moderator Andreas Kleinsteuber
Einzelnachweise
- Leibnitz-Institut für Bildungsverläufe: Nationales Bildungspanel (NEPS), Langzeit-Bildungsstudie in Deutschland, Auswertungen zu Corona. (lifbi.de, abgerufen am 25. November 2021)
- Destatis: Die Folgen der Corona-Pandemie für die Bildungsgerechtigkeit. Podcast des Statistischen Bundesamtes mit dem Bildungsforscher Kai Maaz. (destatis.de, abgerufen am 25. November 2021)
- Christian Reintjes, Raphaela Porsch, Grit im Brahm (Hrsg.): Das Bildungssystem in Zeiten der Krise Empirische Befunde, Konsequenzen und Potenziale für das Lehren und Lernen. (waxmann.com)
- U. Hecker u. a. (Hrsg.): Kinder lernen Zukunft: Anforderungen und tragfähige Grundlagen. (= Beiträge zur Reform der Grundschule. Bd. 150). Grundschulverband, Frankfurt 2020.
- U. Hecker u. a. (Hrsg.): Kinder lernen Zukunft: Über die Fächer hinaus – Prinzipien und Perspektiven. (= Beiträge zur Reform der Grundschule. Bd. 151). Grundschulverband, Frankfurt 2020.
- H. Brügelmann u. a.: Bildung gegen Spaltung - eine Streitschrift. Was Politik und Pädagogik konkret tun können. Debus Verlag, Frankfurt 2021.
- Autorengruppe Bildungsberichterstattung: Bildung in Deutschland 2020. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Wirkungen und Erträgen von Bildung. wbv Publikation, Bielefeld 2020.
- G. Quenzel, K. Hurrelmann (Hrsg.): Handbuch Bildungsarmut. Springer VS, Wiesbaden 2019. doi:10.1007/978-3-658-19573-1