Annia Aurelia Galeria Lucilla
Annia Aurelia Galeria Lucilla (* 7. März 148 oder 149; † 181/182) war die Tochter des römischen Kaisers Mark Aurel und die Ehefrau seines Mitkaisers Lucius Verus.
Leben
Lucilla und Lucius Verus
Lucilla wurde am 7. März 148 oder 149 als Tochter des Kaisers Mark Aurel und seiner Frau Faustina geboren. Sie war die ältere Schwester des späteren Kaisers Commodus.
161 wurde die elfjährige Lucilla mit Kaiser Lucius Verus verlobt. Dies hinderte Verus aber nicht daran, eine Beziehung mit der schönen Pantheia aus Smyrna zu beginnen, die viele Jahre bestand. Die Hochzeit zwischen Mitkaiser und Kaisertochter fand aber dennoch etwa 164 statt. Dabei erhielt Lucilla wie ihre Mutter den Ehrentitel Augusta.
Im darauffolgenden Jahr schenkte Lucilla in Antiochia einer Tochter das Leben. Wenig später feierte Lucius Verus gemeinsam mit Mark Aurel und der ganzen antoninischen Familie einen glanzvollen Triumph über das Partherreich. Das Familienglück hielt aber nicht lange an. Bereits 166 brach die so genannte Antoninische Pest im Reich aus. Ihr sollte schließlich auch Lucillas Vater zum Opfer fallen. Zudem fielen germanische Stämme ins Reich ein. Die beiden Kaiser brachen 168 zur Nordgrenze auf, kehrten auf Rat des Hofarztes Galen aber dann nach Rom zurück. Noch unterwegs erlitt Lucius Verus einen schweren Schlaganfall. Er starb drei Tage später im Alter von 39 Jahren in Altinum. Lucilla war mit nur 19 Jahren bereits Witwe.
Lucilla und Pompeianus
Nach dem Tod des Verus wucherten wilde Gerüchte. Auch Lucilla wurde verdächtigt, ihren Gatten ermordet zu haben. Dass sie tatsächlich für dessen frühen Tod verantwortlich war, ist aber sehr unwahrscheinlich, büßte sie doch damit ihre einflussreiche Stellung als Kaisergattin ein.
Mark Aurel suchte noch vor Ablauf des Trauerjahres einen neuen Gatten für seine Tochter. Er fand ihn in Tiberius Claudius Pompeianus. Dieser stammte aus Syrien und war ein schon älterer, loyaler Anhänger des Kaisers, dessen Stärken vor allem auf militärischem Gebiet lagen. Er wurde zum treuesten Mitarbeiter des Kaisers während der Markomannenkriege. Lucilla fügte sich nur unter Widerständen in diese Heirat, da sie einen jüngeren, vornehmeren Ehemann wie Avidius Cassius, den sie in Syrien kennengelernt hatte, bevorzugt hätte. Auch ihre Mutter war gegen diese Verbindung. Aus der Beziehung stammte ein Sohn Claudius Pompeianus (* 170 oder später).
Lucilla und Pompeianus begleiteten den Kaiser 172 an die Donaufront in sein Feldlager in Carnuntum bei Wien. Pompeianus unterstützte Mark Aurel 173 als Konsul. Im Jahr 175 beruhigte sich die Lage im Reich wieder: Der Usurpator Avidius Cassius, einst Wunschpartner Lucillas, wurde ermordet und die Germanen an der Donau schlossen Frieden mit den Römern.
Doch bereits 178 musste der kaiserliche Hof, darunter auch Lucilla und ihr Ehemann, wieder nach Norden aufbrechen. Mark Aurel starb nur gut ein Jahr später vermutlich in Vindobona. Commodus übernahm nun die Macht. Die Hoffnungen seiner Schwester Lucilla, dass ihr Mann Pompeianus an der Macht beteiligt werden würde, erfüllten sich nicht.
Lucilla und Commodus
Über die Ereignisse der nächsten beiden Jahre gibt es unterschiedliche Berichte. Eine Tradition berichtet, dass Spannungen zwischen Lucilla und Bruttia Crispina, der Ehefrau des Commodus, die Atmosphäre am Hof schwer belasteten. Lucilla fühlte sich gegenüber ihrer Schwägerin zurückgesetzt. Aus diesen höfischen Auseinandersetzungen ist wohl der nicht unbegründete Vorwurf zu erklären, sie sei 181 an einer Verschwörung zum Sturz ihres Bruders beteiligt gewesen.
Nach Berichten des Herodian hatte Tiberius Claudius Pompeianus Quintianus – wohl ein Neffe des Pompeianus – zusammen mit Marcus Claudius Ummidius Quadratus einen fehlgeschlagenen Anschlag auf den Kaiser im Kolosseum organisiert. Lucilla wurde nun verdächtigt, Quintianus angestiftet zu haben. Zudem gab es den wohl ebenfalls nicht unbegründeten Vorwurf, sie habe mit ihrem Neffen ein Verhältnis gehabt.
Lucilla wurde daraufhin verurteilt und auf die Insel Capri verbannt. Ob sie tatsächlich für das Attentat auf ihren Bruder mitverantwortlich war oder einer darauffolgenden Säuberungswelle zum Opfer fiel, bleibt ungewiss. Sie wurde schließlich 181 oder 182 hingerichtet.
Quellen
- Herodian: Geschichte des Kaisertums nach Marc Aurel 1, 8.
Auch wenn Herodians Werke oft sehr fantasievoll ausgeschmückt sind und eine Vorliebe für Familienstreitigkeiten nicht verhehlen können, so basieren sie doch auf dem allgemein recht zuverlässigen Werk Cassius Dios. Dieses ist aber für die Zeit Lucillas nur sehr unvollständig überliefert, was Herodian zur einzigen ausführlichen und halbwegs glaubwürdigen Quelle macht.
Literatur
- Bernhard Kytzler: Frauen der Antike. Von Aspasia bis Zenobia. Artemis, München/Zürich 2000, ISBN 3-7608-1224-4, S. 106 ff.
- Paul von Rohden: Annius 123. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,2, Stuttgart 1894, Sp. 2315.
- Meret Strothmann: Lucilla. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 7, Metzler, Stuttgart 1999, ISBN 3-476-01477-0, Sp. 466.
- Hildegard Temporini-Gräfin Vitzthum (Hrsg.): Die Kaiserinnen Roms. Von Livia bis Theodora. C. H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-49513-3, S. 239–244, 257–260.