Amor und die Torheit
Amor und die Torheit (französisch L’Amour et la Folie) ist die 14. Fabel im zwölften Buch der Fabelsammlung Fables Choisies, Mises En Vers von Jean de La Fontaine, in der die sprichwörtliche blinde Liebe thematisiert wird.[1]
Einst spielten die Torheit und der Gott Amor zusammen; dabei kam es zu einem Streit und die Torheit schlug Amor so heftig ins Gesicht, dass er das Augenlicht verlor. Die Götter und die Richter der Unterwelt hielten Gericht und verurteilten die Torheit für ewige Zeiten, die Führerin des blinden Liebesgottes zu sein.
Analyse
Der Autor erweckt durch den burlesk strukturierten Text erst den Eindruck, Amor zu verteidigen, um danach aber die Szene des Urteils über die Torheit zu karikieren.[2] Im Prolog zeigt sich La Fontaine neutral in der Streitfrage um die Liebe. Auch die eigentliche Erzählung fällt keine vernünftige Entscheidung: Die Verurteilung der Torheit ist nur formal und verewigt in Wirklichkeit die Blindheit Amors, bedeutet also de facto den Sieg der Torheit über Amor. Die Fabel wird vom Wort mystére überwölbt; das paradoxe Wesen der Liebe äußert sich in der Tatsache, dass die Liebe zwar ein Gott – aber blind ist. Sie ist ein Übel, aber auch ein Glück. La Fontaine überlässt die Moral dem Liebenden, d. h. demjenigen eben von diesen Gegensätzen Gebeutelten, der ebenso wenig vernünftig urteilen kann wie all die Götter.[3] Der Poet stellt fest, dass er sich nicht sicher ist, ob blinde Liebe ein Heil oder eine Krankheit genannt werden soll.[4]
Einzelnachweise
- Jean de La Fontaine: Fables Choisies: Mises En Vers. S. 64f, abgerufen am 9. Januar 2020 (französisch).
- Commentaire "la folie et l'amour" de la fontaine – Comptes Rendus – 766 Mots. Abgerufen am 9. Januar 2020 (französisch).
- Leo Spitzer: Romanische Literaturstudien: 1936–1956. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2014, ISBN 978-3-11-154953-8, S. 192 f. (google.de [abgerufen am 9. Januar 2020]).
- Andrew Calder: The Fables of La Fontaine: Wisdom Brought Down to Earth. Librairie Droz, 2001, ISBN 978-2-600-00464-0, Love in the Fables, S. 177 (google.de [abgerufen am 8. Februar 2020]).