Advance Care Planning
Advance Care Planning (ACP, deutsch auch gesundheitliche oder vorausschauende Versorgungsplanung) ist ein Konzept für und mit einem Patienten, um seine Behandlung und Pflege in seinem Sinne zu gestalten. Anhand eines kontinuierlichen, strukturierten Beratungs- und Begleitungsprozesses werden mögliche Erwartungen festgestellt sowie eindeutig und verständlich formuliert. Damit wird sichergestellt, dass der Patient umfassend informiert und aufgeklärt ist und seine Wünsche dem jeweiligen Behandlungsteam und den Angehörigen bekannt sind. So kann der mutmaßliche Wille der betroffenen Person auch in Situationen vertreten werden, in denen sie selbst nicht mehr in der Lage dazu ist. ACP stellt insofern "eine dynamische Form der Patientenverfügung" dar.[1]
Hintergrund
Advance Care Planning entstand aus der Motivation, „unnötigen Krankenhauseinweisungen, falschen oder Fehlinformationen im konkreten Handlungs- oder Notfall, in Krisen oder dem Sterbeprozess entgegenzutreten.“[2]
Idee und Konzeption des ACP entstanden Anfang der 1990er Jahre in den USA. In Deutschland wurde das seither mehrfach weiterentwickelte und in verschiedenen englischsprachigen Ländern bereits fest etablierte[3] Konzept ab 2008 im Modellprojekt "beizeiten begleiten" aufgegriffen.[4][5] Die "Deutsche interprofessionelle Vereinigung – Behandlung im Voraus planen (DIV-BVP) e.V." setzt sich als wissenschaftliche Fachgesellschaft für die Umsetzung von "beizeiten begleiten" ein, indem sie Gesprächsbegleiter schult.[6]
Eine gesetzliche Grundlage für die Umsetzung im deutschen Gesundheitssystem wurde mit dem 2015 in Kraft getretenen Hospiz- und Palliativgesetz geschaffen.[7]
Definition der ACP-i
Die Organisation Advance Care Planning international (ACP-i) definierte 2016 Advance Care Planning als „Kommunikationsprozess zwischen Individuen, ihren gesetzlichen Vertretern und ihren Behandelnden und Betreuenden. Es verfolgt das Ziel, mögliche künftige Behandlungsentscheidungen für den Fall, dass die Betroffenen selbst nicht entscheiden können, zu verstehen, zu überdenken, zu erörtern und vorauszuplanen. Dieser Prozess kann durch eine speziell geschulte Fachkraft oder als Teil der Routineversorgung durch die die Person begleitenden Gesundheitsfachleute erleichtert werden.“[8]
Im Deutschen gibt es für ACP bisher keine einheitliche Übersetzung. So wird ACP z. B. als „Behandlung im Voraus planen“ (BVP), „vorausschauende Behandlungsplanung“, „gesundheitliche Versorgungsplanung“, „vorausschauende Versorgungsplanung“ oder „Vorausplanung der gesundheitlichen Versorgung“ bezeichnet.[9]
Konzeption
ACP wird definiert als kontinuierlicher Gesprächsprozess zwischen dem (potentiell) Betroffenen, ggf. seinen gesetzlichen Vertretern oder Bevollmächtigten, den Behandelnden und Betreuenden. Die Steuerung erfolgt durch speziell geschulte Moderatoren mit entsprechendem Grundberuf (etwa mit Abschluss einer Berufsausbildung im Bereich Pflege oder Erziehung oder eines Studiums innerhalb der Fachrichtungen Gesundheits-, Pflege, Geistes-, Sozial- oder Erziehungswissenschaften) und mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung. Die Moderatoren können durch die Einrichtung oder einrichtungsübergreifend durch den Träger gestellt werden; alternativ können externe Moderatoren eingesetzt werden, wobei die Verantwortung aber bei der Einrichtung verbleibt.[3]
Zum Prozess gehören Beratungsgespräche und Fallbesprechungen, um konkrete Notfallsituationen besser zu verstehen und Entscheidungen für die eigene Behandlung zu treffen. Beratungsprozess und Willensentscheidungen der Betroffenen werden schriftlich dokumentiert.[10]
Ein zentrales Merkmal des ACP ist, dass die Gespräche aktiv angeboten werden sollen (sog. aufsuchendes Gesprächsangebot, bislang v. a. für Bewohner von Altenheimen). Um eventuelle Veränderungen des Patientenwillens erfassen und berücksichtigen zu können, werden in regelmäßigen Abständen erneute Gespräche angeboten, in jedem Fall aber bei Änderungen der persönlichen Lebenssituation.[3]
Literatur
- Klaus Wegleitner, Elisabeth Medicus: Palliativer Behandlungsplan und ethischer Orientierungsrahmen. In: Klaus Wegleitner, Katharina Heimerl, Andreas Heller (Hrsg.): Zu Hause sterben – der Tod hält sich nicht an Dienstpläne. der hospiz Verlag, Ludwigsburg 2012; ISBN 978-3-941251-50-2
- Michael Coors, Ralf Jox, Jürgen In der Schmitten (Hrsg.): Advance Care Planning – von der Patientenverfügung zur gesundheitlichen Vorausplanung. 1. Auflage, Kohlhammer, Stuttgart 2015; ISBN 978-3-17-028674-0
Weblinks
- Advance Care Planning (ACP) in stationären Pflegeeinrichtungen. Eine Einführung auf Grundlage des Hospiz- und Palliativgesetzes (HPG). Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e.V., 23. Februar 2016
- Deutsche interprofessionelle Vereinigung - Behandlung im Voraus Planen (DiV-BVP) e.V.
- Artikel über die deutsche Umsetzung von ACP in Form der Gesundheitlichen Versorgungsplanung in einem Fachwiki für Betreuungsrecht
Einzelnachweise
- Advance Care Planning: Eine dynamische Form der Patientenverfügung. Abgerufen am 10. Juli 2019.
- Klaus Wegleitner, Elisabeth Medicus: Palliativer Behandlungsplan und ethischer Orientierungsrahmen. In: Klaus Wegleitner, Katharina Heimerl, Andreas Heller (Hrsg.): Zu Hause sterben – der Tod hält sich nicht an Dienstpläne. der hospiz Verlag, Ludwigsburg 2012, S. 220
- Advance Care Planning (ACP) in stationären Pflegeeinrichtungen. Eine Einführung auf Grundlage des Hospiz- und Palliativgesetzes (HPG). Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e.V., 23. Februar 2016, abgerufen am 10. Juli 2019.
- Teaser - Zeitschrift für medizinische Ethik. Abgerufen am 10. Juli 2019.
- Patientenverfügung: behandeln wie besprochen. Abgerufen am 10. Juli 2019.
- Die DiV-BVP. In: divbvp. Abgerufen am 15. Januar 2020 (deutsch).
- Bundesgesetzblatt. Abgerufen am 10. Juli 2019.
- ACPEL-Society 2016, abgerufen am 10. Juli 2019; Übersetzung aus dem Englischen
- Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e.V.: Advance Care Planning (ACP) in stationären Pflegeeinrichtungen. Eine Einführung auf Grundlage des Hospiz- und Palliativgesetzes (HPG). S.3; abgerufen am 10. Juli 2019
- Handreichung: Gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase. Umsetzung der Vereinbarung über Inhalte und Anforderungen der gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase gemäß § 132g Abs. 3 SGB V. Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. (BAGFW), April 2018, abgerufen am 10. Juli 2019.