Actio praescriptis verbis
Die actio praescriptis verbis war im römischen Recht eine Klageart für Innominatkontrakte, sogenannte „unbenannte Verträge“. Soweit sich Subsumptionsprobleme bei der Wahl der zutreffenden Klageart ergaben, wurden die Klageformeln nach Lage des Einzelfalles (actio in factum) gestaltet, folgten jedoch dem feststehenden Schema bonae fidei iudicia.[1]
Grundsätzlich herrschte im römischen Vertragsrecht Typenzwang vor, was die Zahl der möglichen Verpflichtungsgeschäfte begrenzte. Die in den modernen Rechtsordnungen verankerte Vertragsfreiheit war bei den Römern untergeordnet bedeutsam. Die römischen actiones richten sich nach zwölf spezifischen Verträgen aus, die schulmäßig in abschließender Anzahl als Vertragsobligationen in vier Gruppen unterteilt wurden. Neben Realverträgen (Leihe, Verwahrung, Verpfändung) standen die Verbalverträge (Stipulation, Mitgiftzusagen), Litteralverträge (Novationen von Schuldverträgen in Darlehensverbindlichkeiten) und Konsensualverträge (Kauf, Miete, Pacht, Dienst- und Werkverträge sowie Aufträge und Gesellschaftsrecht).[2] Wer jedoch Leistungen außerhalb eines typgebundenen Vertrages erbracht hatte und sich durch abredewidriges Verhalten seines Kontraktpartners nun enttäuscht sah, konnte nicht auf Erfüllung pochen. Er hatte lediglich das Recht, die von ihm erbrachten Vertragsleistungen zurückzufordern (condictio ob causam datorum).[1] Hier setzte in der nachklassischen Phase ein Umdenken ein. Wer bereits vorgeleistet hatte, sollte neben Kondiktions- auch Vertragserfüllungsansprüche geltend machen dürfen. Der Prätor formulierte den Einzelfall für die Prozessformel, indem er den Geschäftstyp ausließ und stattdessen den vorliegenden Sachverhalt schilderte.[1]
Die Klageformel konnte nach einem Beispielsfall von Ulpian, Digesta 19, 5, 19 pr. lauten:[2]
„Du hast mich um ein Gelddarlehen gebeten; da ich kein Geld hatte, gab ich Dir eine Sache zum Verkauf, dass Du den Erlös gebrauchen solltest. Wenn Du sie gar nicht verkauft hast oder zwar verkauft, aber das als Darlehen vorgesehene Geld nicht erhalten hast, so ist es sicherer, mit vorgeschalteten Formelworten zu klagen, als ob wir ein Geschäft eines eigenen Vertragstyps untereinander abgeschlossen hätten.“
Unter die Klageformel fielen atypische Kontrakte und Typenmischverträge, wie der Trödelvertrag (contractus aestimatorius), Aufkaufskommissionen bei fester Preisbestimmung oder Sklavenfreilassungen bei wechselseitigen Eigentumsverhältnissen und Tauschverhältnisse.[3]
Einzelnachweise
- Heinrich Honsell: Römisches Recht. 5. Auflage, Springer, Zürich 2001, ISBN 3-540-42455-5, S. 153 f.
- Ulrich Manthe: Geschichte des römischen Rechts (= Beck'sche Reihe. 2132). Beck, München 2000, ISBN 3-406-44732-5, S. 92–94.
- Herbert Hausmaninger, Walter Selb: Römisches Privatrecht, Böhlau, Wien 1981 (9. Aufl. 2001) (Böhlau-Studien-Bücher) ISBN 3-205-07171-9, S. 260 ff.