Überspannungsableiter
Ein Überspannungsableiter (ÜSP, englisch: surge protection device SPD) ist ein Gerät oder Bauteil zum Begrenzen gefährlicher Überspannungen in elektrischen Leitungen und Geräten. Zum effizienten Überspannungsschutz gehört eine dem Zweck angepasste Kombination unterschiedlicher Überspannungsableiter.
Allgemeines
Überspannungen können durch direkte oder nahegelegene Blitzeinschläge, durch von der Sonne verursachte Magnetstürme, durch einen elektromagnetischen Puls (EMP), durch elektrostatische Entladungen (ESD) oder Schaltvorgänge im Stromnetz und in Geräten entstehen und haben dementsprechend teilweise erhebliche Momentanleistungen.
Geschichte
Der deutsche Ingenieur Anton Kathrein senior erfand den Überspannungsableiter Masttrennschalter mit eingebauter Sicherung, der Niederspannungsnetze vor Ausfällen durch Blitzschlag schützt, und mit dem er sich 1919 in Rosenheim als Unternehmer selbständig machte.
Einrichtungen
Als Überspannungsableiter werden verwendet:
- Funkenstrecken (bei Isolatoren von Freileitungen und Isolatoren selbststrahlender Sendemasten): sie sind bei entsprechender Geometrie (Hornableiter) teilweise selbstverlöschend
- Gasgefüllte Überspannungsableiter, so genannte Gasableiter. Sie werden als Feinschutz und für hohe Energien verwendet. Sie sind nicht selbstverlöschend und lösen die vorgeschaltete Sicherung aus.
- Varistoren begrenzen lediglich die Spannung und sind nach Abklingen des Überspannungsimpulses wieder stromlos
- Suppressordioden verhalten sich ähnlich wie eine Zenerdiode und sind nach Ende des Impulses ebenfalls stromlos
Mit Suppressordioden werden insbesondere die Signaleingänge von elektrischen Geräten bei kleinen Spannungen geschützt. Sie vertragen nur geringe Energien, bieten jedoch einen eng tolerierten Schutzpegel.
Varistoren schützen den Netzspannungseingang von Geräten oder gefährdete Stellen der Stromnetze (beispielsweise Gebäude-Blitzschutz, Ein- und Ausgänge von Großtransformatoren und Bahnstrom-Unterwerken).
Mit Gasableitern schützt man Signal- und teilweise auch Netzleitungen, wenn sehr hohe Ableitenergien erwartet werden.
Schutz von Freileitungen
Vor der Entwicklung ausreichend guten Varistormaterials (geringer Strom bei Nennspannung, hohe Lebensdauer) verwendete man zum Schutz von Freileitungen vor den Folgen eines Blitzeinschlages:[1]
- Kathodenfallableiter
- Sie vereinen in Reihenschaltung eine Funkenstrecke und einen Varistor. Die Reihenschaltung von mehreren Varistoren sind auf die zu schützende Nennspannung bemessen und begrenzen nach dem Überspannungsereignis den Netzfolgestrom über die Funkenstrecke so weit, dass diese aufgrund des Kathodenfalls selbsttätig verlöscht. Im Normalbetrieb sind die Varistoren aufgrund der trennenden Funkenstrecke stromlos.
- Löschrohrableiter
- Ein nicht mehr üblicher Überspannungsableiter: er löscht die in ihm bei Überspannung zündende Entladung, indem der Lichtbogen aus dem Rohrmaterial Gase freisetzt, die den Bogen aus dem Rohr herausblasen und ihn so löschen. Aufgrund des Feuerstrahls war er nur im Freien verwendbar.
Freileitungs-Isolatoren schützt man mit Funkenstrecken vor der direkten Einwirkung von durch Blitzschlag induzierten Lichtbögen. Sie halten den Lichtbogen entfernt vom Isolierstoff und tragen durch ihre Formgebung oft zum Verlöschen des Lichtbogens bei (Hornableiter). Verlöscht der Lichtbogen nicht, wird der Netzabschnitt mittels Kurzunterbrechung ab- und nach kurzer Zeit wieder automatisch eingeschaltet.
Im auf dem rechten Bild dargestellten Überspannungsableiter befindet sich ein Stapel aus Varistor-Scheiben, die zum Beispiel bei einem Blitzeinschlag leitend werden und z. B. einen im Bild nicht sichtbaren Leistungstransformator vor Überspannung schützen.
Schutz von Kleingeräten
Gasgefüllte Überspannungsableiter isolieren, solange die Spannung unter etwa 450 V bleibt und stören nicht wegen ihrer geringen Kapazität von nur etwa 2 pF. Wird die Zündspannung überschritten, fällt der Widerstand innerhalb von Mikrosekunden auf sehr geringe Werte, wobei Stromspitzen bis zu 20000 A abgeleitet werden können. Bei Dauerbetrieb werden sie thermisch überlastet.
Vorschriften
Seit Oktober 2016 bestehen neue DIN-Vorschriften. Überspannungs-Schutzeinrichtungen sind verbindlich nach DIN VDE 0100-443 zu installieren, wenn Auswirkungen auf Menschenleben bestehen, bei Personenansammlungen bei öffentlichen Einrichtungen und Kulturbesitz, bei Gewerbe- und Industrieaktivitäten oder wenn in Gebäuden mit Betriebsmitteln der Überspannungskategorie I oder II Einzelpersonen betroffen sein könnten (beispielsweise in Wohngebäuden oder kleinen Büros)[2]
Siehe auch
Einzelnachweise
- Adalbert Varduhn, Walter Nell: Handbuch der Elektrotechnik. Band 2: Schaltanlagen, Meßinstrumente, Licht- und Kraftinstallationen, Freileitungen und Kabel, Lichttechnik; Elektrowärme, sonstige Elektrogeräte. Fachbuchverlag, Leipzig 1951.
- Schutz vor Überspannungen. In: GIT Sicherheit, Heft 4/2017