Rave
Rave, aus dem Englischen für „rasen, schwärmen, toben, fantasieren“, ist ein während der Acid-House-Bewegung ab dem Second Summer of Love 1989 entstandener Begriff für Tanzveranstaltungen mit elektronischer Musik. Auf diesen Partys wurde der konzeptionelle Schwerpunkt erstmals auf ekstatischen Tanz gelegt. In deren Mittelpunkt stehen vor allem die DJs. Ein ähnliches Konzept gab es zwar bereits in Form von Diskotheken, neu war jedoch, dass diese in Form von „One-off-Events“ (einmalige Veranstaltungen) in eigens dafür präparierten Locations, wie Konzerthallen, Lagerhallen, leerstehenden Häusern und Ähnlichem durchgeführt wurden.
Geschichte
1981 brachte das Unternehmen Roland den Analogsynthesizer TB-303 auf den Markt. Dieser Basssyntheziser war ursprünglich für Gitarristen und Bands gedacht, die Unterstützung für ihre Projekte suchten, erwies sich dafür aber als ziemlich unbrauchbar, bis findige US-DJs ihn in kreativer Weise für eigene Aufnahmen zweckentfremdeten. Ein sehr großer Teil der damaligen Tanzmusik wurde mit diesem Gerät und dem ebenfalls von Roland stammenden Drumcomputer TR-808 eingespielt, wodurch sich ein charakteristisches Klangbild ergab. Es handelte sich noch um Analogtechnik, Digitalaufnahmen begannen erst gerade. Dieses Klangbild wurde in Verbindung mit verschiedenen Musikstilen von den Plattenfirmen ebenso als „Rave“ bezeichnet. In der Folge kam es durch Gründung vieler kleiner Sub-Labels und dem Aufkauf pleitegegangener Punk-Labels sowie der schnellen Entwicklung dieser Musikstile zur Kontrastierung und Unterwanderung des Begriffs, der dann schließlich nicht mehr in Gebrauch war. Wer also heute noch „Rave“ hören möchte, der kann sich in den MTV-Charts zwischen 1988 und 1992 umsehen.
Der elektronische Sound wurde vorerst kaum in Stile oder Kategorien unterteilt. Es gab meist einen großen Dancefloor und die zwei oder einige wenige DJs spielten sich innerhalb einer Party durch verschiedene Facetten der elektronischen Musik. Mit dem kommerziellen Erfolg und dem Anwachsen der Besucherzahlen wurde dieses Konzept zugunsten eines besseren Marketings in die Auflistung von möglichst vielen bekannten Produzenten und DJs geändert. Dabei wurde die Spielzeit des jeweiligen DJs auf weniger als eine Stunde begrenzt. Dieses Konzept hatte großen Erfolg und wurde immer häufiger auf immer größeren Veranstaltungen realisiert. Die Folge war ein enorm hoher Erfolgsdruck für die DJs. Diese mussten in dieser kurzen Zeit „funktionieren“, welches folgerichtig enormen Einfluss auf die Musikauswahl hatte. Die Hits wiederholten sich oft stündlich. Dadurch veränderte sich auch die Musik. Es entwickelte sich eine hierfür besonders geeignete Musik.
Die Diversifikation von Techno in unterschiedliche Stilrichtungen mit teils extrem unterschiedlichen Geschwindigkeiten führte Mitte/Ende der 1990er-Jahre zu einer neuen Form von Raves mit vielen unterschiedlichen Floors. Als Motto der Ravekultur entwickelte sich PLUR („Peace Love Unity Respect“).
Rave als Bezeichnung für ein Musikgenre
Zuerst sprach man ab Anfang 1988 also von „Rave“ als Bezeichnung von Musik, die auf den Tanzveranstaltungen, eben den Raves, gespielt wurde, und das war in der Regel eine Weiterentwicklung der Disco-Music durch die aufkommende Computerisierung. Als genuin europäischer Begriff vermarktet wurde er zuerst mit dem Titel „Good Life“ von Inner City, wobei auch die charakteristischen Smileys (schon seit den 70ern modern) einer breiteren Öffentlichkeit wieder bekannt gemacht wurden. In den USA, und dort vor allem in Detroit, hieß dieser Musikstil „House“. Die US-DJs legten auch in Berlin auf und dort entwickelte sich im Milieu der Berliner Schule der elektronischen Musik sehr schnell Techno, der dann in besonders in Label-Zentren wie Frankfurt weiterentwickelt wurde (Acid-Techno, Trance) und sich von diesen aus in ganz Europa verbreitete. Der Begriff verschwand dann allmählich wieder; viele bestehende Discotheken spielten „House“ mit und ohne Gesang, von MTV-Charts bis Club-House, letzterer von namhaften DJs aufgelegt. Der DJ wurde im Zuge dessen immer mehr zum anerkannten Künstler, der eigene Werke kreierte. Techno war von Anfang an eine Sache von neugegründeten und oft kurzlebigen Clubs, ebenso entstanden Party-Labels, die sich in bestehende Locations einkauften oder neue anmieteten. Aufgrund unklarer Rechtslage gab es auch so manche illegale Raves. In der Regel wurden auf Raves seit 1992 alle Arten elektronischer Musik gespielt. Von 1990 bis 1992 wurde kurzzeitig auch Madchester, eine britische Indierock-Dance-Kreuzung, als „Rave Music“ bezeichnet. Wichtigste Vertreter waren hier die Happy Mondays. Ab 1993 wurde der Begriff „Rave“ nur noch für die bisherige elektronische Tanzmusik gebraucht oder eben für Veranstaltungen.
Von 1993 bis 1996 bezeichnete „Rave Music“ dann einen besonders schnellen Technostil. Die Geschwindigkeit war ähnlich dem Gabber. Der oft verzerrten, harten Bassdrum wurden im Rave häufig schnelle Breakbeatsamples unterlegt. Wegen der eingängigen, tranceartigen Melodien und Synthriffs wurde diese Musik in der Szene auch als Deppen- oder Kirmestechno bezeichnet (z. B. Marusha – Raveland, Dune – Can’t Stop Raving). Eine die Breakbeats noch stärker betonende Unterform ist Breakbeat Hardcore. Die Bedeutung des Wortes Rave hat sich also über die Jahre gewandelt und bezeichnet heute hauptsächlich noch die Veranstaltung. Rave als bestimmte Musikrichtung gibt es nicht. Wenn von Ravemusik die Rede ist, bezieht man sich meistens auf alte Platten und Klassiker aus der Anfangszeit des Techno. Allgemein kann man sagen, dass das, was typische Ravemusik ausgemacht hat, in einer gewissen Experimentierfreudigkeit und Abstraktion besteht, mit großer Bedachtnahme auf Tanzbarkeit.
Musik
Musikalisch kann man je nach Rave verschiedene Stilrichtungen der elektronischen Musik finden. Ob es sich dabei um einen härteren Stil handelt (Hardcore Techno, Hardstyle, Schranz, Detroit Techno), gemäßigten Techno, House (Tech House, Deep House, Minimal House) oder Breakbeat / Drum and Bass / Dubstep oder eher sanfte, melodiöse Stilrichtungen vertreten sind (Trance, Ambient, Goa, Hands up und Chill-Out-Musik), ist in der Regel nur an den Namen der DJs im sogenannten „Line-up“ und manchmal auch an der Namensgebung und dem Design der Flyer zu erkennen.
Rave-Tourismus
Neben den bereits länger bekannten Fahrten nach Ibiza[1] oder auf Rave-Kreuzfahrtschiffen sind insbesondere spirituell angehauchte Reisen nach Indien (Goa), Tomorrowland in Belgien, Thailand (Fullmoon-Party auf der Insel Koh Pha-ngan) oder zur Kirschblüte in Japan angesagt. Außerdem gelten in Europa mehrere Städte wie beispielsweise Amsterdam, London und Berlin mit ihren zahlreichen Techno-Clubs als subkulturell bedeutende Zentren des Rave-Tourismus.[1][2][3][4]
Große und bekannte Raves
Als einer der ersten großen Raves gilt das von Spiral Tribe 1992 in England initiierte Castlemorton Common Festival mit 30.000 Besuchern, für das sich 23 der Veranstalter noch vor Gericht verantworten mussten. Für spätere unangemeldete oder illegale Veranstaltungen innerhalb der alternativen Freetekno-Szene hat sich zur Abgrenzung jedoch eher der Begriff „Teknival“ etabliert.
Zu den bekanntesten und inzwischen in legalem Rahmen stattfindenden Raves in Deutschland gehören die Technoparaden. Die größte und wahrscheinlich bekannteste Veranstaltung in diesem Rahmen war die Loveparade. Nachdem die Stadt Berlin diese Veranstaltung nicht mehr als Demonstration genehmigte, sahen sich die Veranstalter gezwungen, den Austragungsort zu wechseln. Bis 2010 fand die Loveparade in Metropolen des Ruhrgebiets statt, wurde aber aufgrund des Unglücks am 24. Juli 2010 in Duisburg auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofes Duisburg Gbf nicht mehr fortgesetzt. Weitere große Technoparaden im deutschsprachigen Raum waren der Union Move, der Generation Move, die Reincarnation und die Vision Parade, sowie die noch stattfindende Street Parade und die Lake Parade in der Schweiz.
Weitere nennenswerte Events im deutschsprachigen Raum sind die seit 1995 stattfindende Nature One in der ehemaligen Atomraketen-Abschussbasis Pydna im Hunsrück bei Kastellaun, das größte deutsche Festival für elektronische Musik, sowie das SonneMondSterne-Festival in Saalburg/Thüringen. Ebenfalls jährlich stattfindende Veranstaltungen sind die Mayday in Dortmund sowie die Time Warp in Mannheim mit ihren Ablegern im Norden und Osten Deutschlands, ihrem Love’n’Light-Rave, dem Love-Family-Park und dem österreichischen Rave on Snow.
Organisation
Größere Raves sind bis auf wenige Ausnahmen auf mehrere Hallen und Räumlichkeiten verteilt, die im Jargon der Partybesucher als Floors bezeichnet werden. In jeder Halle wird ein etwas anderer Musikstil gespielt. Insbesondere die in den Chill-out-Rooms gespielte Musik ist in der Regel äußerst avantgardistisch. Eine wichtige Rolle für den Erfolg eines Raves spielen neben dem Line-up und der DJ-Besetzung die verwendete PA sowie die Ausstattung mit Licht und Deko. Da Raves relativ spät beginnen (selten vor Mitternacht), wird dann regelmäßig bis in den frühen Morgen gefeiert.
Weblinks
Einzelnachweise
- Mark Manson: World's best nightlife cities. In: CNN. 2. Oktober 2014, abgerufen am 20. September 2016.
- Hugh Morris: The best party cities in the world. In: The Daily Telegraph. 16. September 2015, abgerufen am 20. September 2016.
- Laura Gavin: Best places to party: 10 of the best clubbing cities in Europe. In: Skyscanner. 22. Februar 2016, abgerufen am 20. September 2016.
- Listings (Top 20-Regionen). In: Resident Advisor. Abgerufen am 20. September 2016.