Pseudohermaphroditismus
Pseudohermaphroditismus oder unechte Zwittrigkeit ist das Vorhandensein sowohl weiblicher als auch männlicher Geschlechtsmerkmale bei einem Individuum mit entweder weiblichen (Eierstöcke) oder männlichen (Hoden) Keimdrüsen.[1] Pseudohermaphroditismus tritt als (z. B. chromosomal bedingte) Entwicklungsvariation bei getrenntgeschlechtlichen Arten auf (Gonochorismus). Die Individuen selbst werden als Pseudohermaphroditen oder unechte Zwitter bezeichnet.
Beim Menschen spricht man im Fall der unechten Zwittrigkeit von Intersexualität, intergeschlechtlichen Menschen. In der Medizin wird dies als Variation der Geschlechtsentwicklung (Differences of sex development, DSD) bezeichnet. Die ursprüngliche Bezeichnung als Störung der Geschlechtsentwicklung (Disorders of sex development) wird nicht mehr verwendet. Damit soll die negative Zuschreibung im Sinne von Krankheit/Störung vermieden werden, auch wenn unter der Bezeichnung einzelne Formen mit Krankheitswert vorhanden sind.
Beim Menschen
Klassifikation nach ICD-10 | |
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Q56 | Unbestimmtes Geschlecht und Pseudohermaphroditismus |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Der Pseudohermaphroditismus bzw. Intersexualität tritt weltweit bei 1 % (nicht gesichert, siehe Diskussion) aller Menschen auf.[2] Im Gegensatz dazu kommt beim Menschen der echte Hermaphroditismus (sowohl männliche als auch weibliche Keimzellen) nicht vor.[3]
In der Regel ist bei Intersexualität das Geschlechtsorgan „ungewöhnlich“ geformt, u. a. eine große Klitoris, selten ist die Bestimmung des Geschlechts visuell unmöglich. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde dies bald nach der Geburt operativ „korrigiert“ und damit ein geschlechtstypisches Aussehen hergestellt; mittlerweile gilt diese Praxis als überholt.[4][5][6]
Wortherkunft
Das Wort Pseudohermaphrodit („unechtes zweigeschlechtliches Wesen“) leitet sich aus dem Griechischen von pseudo und hermaphroditos ab. Ovid beschrieb in seinen Metamorphosen, wie aus dem Sohn Aphrodites und Hermes’ durch die feste Umarmung der verliebten Nymphe Salmakis ein zweigeschlechtliches Wesen entstand, und deutet dies als Ätiologie der Zwitterbildung. Siehe Weiteres auch im entsprechenden Kapitel bei Hermaphroditismus.
Siehe auch
- Dichogamie (Proterandrie, Proterogynie, Protogynie)
Literatur
- Ulrich Kutschera: Evolutionsbiologie (= UTB. Band 8318). 3., aktualisierte und erweiterte Auflage, UTB/ Ulmer, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-8252-8318-6 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Weblinks
- Liste des Netzwerk Disorders of Sex Development
Einzelnachweise
- Lois Jovanovic, Genell J. Subak-Sharpe: Hormone. Das medizinische Handbuch für Frauen. (Originalausgabe: Hormones. The Woman’s Answerbook. Atheneum, New York 1987) Aus dem Amerikanischen von Margaret Auer, Kabel, Hamburg 1989, ISBN 3-8225-0100-X, S. 384.
- Bericht zu Häufigkeit von Intersexualität auf der Seite der Intersex Society North America (engl.)
- Ulrich Kutschera: Evolutionsbiologie (= UTB. Band 8318). 3., aktualisierte und erweiterte Auflage, UTB/ Ulmer, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-8252-8318-6 .
- 100 000 Euro Schmerzensgeld im `Zwitterprozess`. Focus, 12. August 2009. Abgerufen am 23. Oktober 2014.
- Deutscher Ethikrat: Intersexualität (Memento vom 18. März 2016 im Internet Archive). Stellungnahme vom 23. Februar 2012, abgerufen am 19. Juli 2020.
- Leitlinie der Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin zu "Störungen der Geschlechtsentwicklung" 027/022 vom 12. Mai 2011 (Memento vom 24. Februar 2014 im Internet Archive), zuletzt geöffnet am 19. Juli 2020