Metalle der Seltenen Erden
Zu den Metallen der Seltenen Erden gehören die chemischen Elemente der 3. Nebengruppe des Periodensystems (mit Ausnahme des Actiniums) und die Lanthanoide – insgesamt also 17 Elemente. Nach den Definitionen der anorganischen Nomenklatur heißt diese Gruppe chemisch ähnlicher Elemente Seltenerdmetalle. Im Deutschen gibt es des Weiteren den Begriff Seltene Erdelemente und passend dazu das dem englischen REE (Rare Earth Elements) nachempfundene Kürzel SEE.
Bezeichnung und Einteilung
leichte (engl. LREE) | Z | schwere (engl. HREE) | Z | |
---|---|---|---|---|
Scandium | 21 | Yttrium | 39 | |
Lanthan | 57 | Gadolinium | 64 | |
Cer (engl.: Cerium) | 58 | Terbium | 65 | |
Praseodym | 59 | Dysprosium | 66 | |
Neodym | 60 | Holmium | 67 | |
Promethium | 61 | Erbium | 68 | |
Samarium | 62 | Thulium | 69 | |
Europium | 63 | Ytterbium | 70 | |
Lutetium[1] | 71 |
Die oft verwendete abgekürzte Bezeichnung Seltene Erden statt Metalle der Seltenen Erden ist missverständlich. Diese Bezeichnung stammt aus der Zeit der Entdeckung dieser Elemente und beruht auf der Tatsache, dass sie zuerst in seltenen Mineralien gefunden und aus diesen in Form ihrer Oxide (früher „Erden“ genannt) isoliert wurden. Nur Promethium, ein kurzlebiges radioaktives Element, ist in der Erdkruste wirklich selten. Einige der Metalle der Seltenen Erden (Cer – auch Cerium genannt, Yttrium und Neodym) kommen in der Erdkruste häufiger vor als beispielsweise Blei, Kupfer, Molybdän oder Arsen. Thulium, das seltenste stabile Element der Metalle der Seltenen Erden, ist immer noch häufiger vorhanden als Gold oder Platin.
Die Bezeichnung als selten ist aber insofern berechtigt, als größere Lagerstätten von wirtschaftlich ausbeutbaren Mineralien tatsächlich selten sind. Die Elemente kommen zumeist nur in jeweils kleinen Mengen, in sehr vielen, weit verstreut lagernden Mineralien sowie als Beimischungen in anderen Mineralien vor. Ein Großteil der industriellen Gewinnung von Seltenerdmetallen geschieht daher als Nebenprodukt durch die chemische Aufbereitung bei der Gewinnung anderer, stärker konzentriert vorliegender Metalle aus deren Erzen.
Man unterscheidet ferner leichte und schwere Seltene-Erdelemente, die exakte Einteilung ist hierbei strittig. In der Geochemie werden oft nur die Lanthanoide gemeint, wenn von Seltenen Erden gesprochen wird. Aufgrund unterschiedlicher Fraktionierungseigenschaften werden Scandium und Yttrium in der geochemischen Modellierung der Seltenen Erden nicht betrachtet.
Eigenschaften
Physikalische Eigenschaften
Von besonderem Interesse sind die spektroskopischen Eigenschaften Seltener Erden. So weisen sie im Festkörper, im Gegensatz beispielsweise zu Halbleitern, ein diskretes Energiespektrum auf. Dies liegt an der besonderen Struktur der Elektronenhülle. Optische Übergänge finden innerhalb der 4f-Schale statt (außer bei Scandium und Yttrium), welche durch die größeren besetzten 5s, 5p und 6s-Schalen nach außen hin abgeschirmt ist. Eine Bandstruktur kann sich aufgrund dieser Abschirmung für die f-Orbitale nicht ausbilden. Die Absorptionslinien sind, aufgrund der für die einzelnen Ionen der Elemente unterschiedlichen elektronischen Umgebung im Kristall (Kristallfeld), ausgesetzt. Die inhomogene Linienbreite reicht, je nach Kristall, von einigen hundert Gigahertz bis zu etwa zehn Gigahertz.
Im atomaren Zustand sind die meisten dieser Übergänge hingegen „verboten“ (siehe Verbotener Übergang). Im Festkörper hebt das Kristallfeld durch andere Übergänge diese atomaren Verbote jedoch zu einem gewissen Grad auf. Die Übergangswahrscheinlichkeiten sind dennoch gering.
Chemische Eigenschaften
Die Ähnlichkeit der chemischen Eigenschaften der Seltenerd-Metalle macht ihre Trennung aufwändig und kostspielig. Oft genügt es jedoch, preiswertes Mischmetall einzusetzen. Es ist eine Mischung aus Seltenerd-Metallen, die bei der Aufbereitung von Seltenerd-Erzen, zum Beispiel Monazit, anfällt. Seltenerd-Metalle zählen zu den lithophilen und inkompatiblen Elementen.
Lage im Periodensystem
1 H |
2 He | ||||||||||||||||||||||||||||||
3 Li |
4 Be |
5 B |
6 C |
7 N |
8 O |
9 F |
10 Ne | ||||||||||||||||||||||||
11 Na |
12 Mg |
13 Al |
14 Si |
15 P |
16 S |
17 Cl |
18 Ar | ||||||||||||||||||||||||
19 K |
20 Ca |
21 Sc |
22 Ti |
23 V |
24 Cr |
25 Mn |
26 Fe |
27 Co |
28 Ni |
29 Cu |
30 Zn |
31 Ga |
32 Ge |
33 As |
34 Se |
35 Br |
36 Kr | ||||||||||||||
37 Rb |
38 Sr |
39 Y |
40 Zr |
41 Nb |
42 Mo |
43 Tc |
44 Ru |
45 Rh |
46 Pd |
47 Ag |
48 Cd |
49 In |
50 Sn |
51 Sb |
52 Te |
53 I |
54 Xe | ||||||||||||||
55 Cs |
56 Ba |
57 La |
58 Ce |
59 Pr |
60 Nd |
61 Pm |
62 Sm |
63 Eu |
64 Gd |
65 Tb |
66 Dy |
67 Ho |
68 Er |
69 Tm |
70 Yb |
71 Lu |
72 Hf |
73 Ta |
74 W |
75 Re |
76 Os |
77 Ir |
78 Pt |
79 Au |
80 Hg |
81 Tl |
82 Pb |
83 Bi |
84 Po |
85 At |
86 Rn |
87 Fr |
88 Ra |
89 Ac |
90 Th |
91 Pa |
92 U |
93 Np |
94 Pu |
95 Am |
96 Cm |
97 Bk |
98 Cf |
99 Es |
100 Fm |
101 Md |
102 No |
103 Lr |
104 Rf |
105 Db |
106 Sg |
107 Bh |
108 Hs |
109 Mt |
110 Ds |
111 Rg |
112 Cn |
113 Nh |
114 Fl |
115 Mc |
116 Lv |
117 Ts |
118 Og |
Jahr | Element/Mineral | Entdecker | Namensgebung |
---|---|---|---|
1787 | Yttriumoxid | C. A. Arrhenius | Ort: Ytterby |
1794 | Gadolinit | de Marignac | Person: Johan Gadolin |
1751 | Cerit | A. F. Cronstedt | Planetoid: Ceres |
1804 | Cer | J. J. Berzelius, W. von Hisinger | |
1839 | Samarskit | M. H. Klaproth, G. Rose |
Person: Oberst Samarsky |
1839 | Lanthan | C. G. Mosander | Eigenschaft: versteckt sein |
1842 | Didym | Eigenschaft: Zwillinge | |
1843 | Erbium ab 1864: Terbium |
Ort: Ytterby | |
1843 | Terbium ab 1864: Erbium | ||
1878 | Ytterbium | de Marignac | Ort: Ytterby Eigenschaft: zwischen Erbium und Yttrium |
1879 | Samarium | de Boisbaudran | Mineral: Samarskit |
1879 | Scandium | L. F. Nilson | Ort: Skandinavien |
1879 | Thulium | P. T. Cleve | Ort: Skandinavien alter Name: Thule |
1879 | Holmium | Ort: Stockholm | |
1886 | Dysprosium | de Boisbaudran | Eigenschaft: griech.: unzugänglich |
1886 | Gadolinium | de Marignac | Person: J. Gadolin |
1886 | Praseodym | A. von Welsbach | Eigenschaft: grüner Zwilling |
1886 | Neodym | Eigenschaft: neuer Zwilling | |
1901 | Europium | E.-A. Demarçay | Ort: Europa |
1907 | Lutetium | G. Urbain, A. von Welsbach |
Ort: Paris (lat.: Lutetia) |
1947 | Promethium | J. Marinsky, L. Glendenin, C. Coryell |
Sage: Prometheus |
Geschichte
Im Jahr 1787 entdeckte Carl Axel Arrhenius, ein Leutnant der schwedischen Armee, ein ungewöhnliches Exemplar schwarzen Erzes nahe der Feldspatmine bei Ytterby.[2] 1794 isolierte Johan Gadolin, ein finnischer Professor an der Universität von Åbo, rund 38 Prozent einer neuen, bislang nicht beschriebenen „Erde“ (Oxid). Obwohl Arrhenius das Mineral Ytterite benannt hatte, bezeichnete es Anders Gustaf Ekeberg als Gadolinit. Kurz darauf, im Jahre 1803, isolierten der deutsche Chemiker Martin Heinrich Klaproth sowie Jöns Jakob Berzelius und Wilhelm von Hisinger in Schweden unabhängig voneinander eine ähnliche „Erde“ aus einem Erz, das 1751 Axel Frederic Cronstedt in einer Mine nahe Bastnäs in Schweden gefunden hatte. Dieses Mineral wurde Cerit und das Metall Cer benannt, nach dem damals gerade entdeckten Planetoiden Ceres.
Carl Gustav Mosander, ein schwedischer Chirurg, Chemiker und Mineraloge, führte zwischen 1839 und 1841 Versuche zur thermischen Zersetzung einer Probe aus Nitrat, die aus Cerit gewonnen war, durch. Er laugte das Produkt mit verdünnter Salpetersäure aus, identifizierte das unlösliche Produkt als Ceroxid und gewann schließlich zwei neue „Erden“ aus der Lösung, Lanthana (zu verstecken) und Didymia (Zwillingsbruder von Lanthana). Auf ähnliche Weise isolierte Mosander 1843 drei oxidische Fraktionen aus dem ursprünglichen Yttriumoxid: eine weiße (Yttriumoxid), eine gelbe (Erbiumoxid) und eine rosafarbene (Terbiumoxid).
Diese Beobachtungen führten zu einer Periode intensiver Erforschung sowohl von Ceroxid als auch von Yttriumoxid bis gut in die 1900er Jahre hinein, an der bedeutende Forscher der damaligen Zeit beteiligt waren. Es gab Doppelarbeit, ungenaue Berichte, zweifelhafte Entdeckungsansprüche und unzählige Beispiele von Verwirrung aufgrund mangelnder Kommunikationsmöglichkeiten und fehlender Charakterisierungs- und Trennmethoden.
Nach 1850 diente die neu entdeckte Spektroskopie dazu, das Vorhandensein der bekannten Elemente nachzuweisen und neue zu identifizieren. 1864 nutzte Marc Delafontaine, ein schweizerisch-amerikanischer Chemiker, die Methode, um Yttrium, Terbium und Erbium als Elemente eindeutig nachzuweisen. Er verwechselte dabei die Namen von Terbium und Erbium; der Namentausch wegen dieses Irrtums wurde nie wieder rückgängig gemacht.
1885 begann Carl Auer von Welsbach mit Untersuchungen an Didym. Zum damaligen Zeitpunkt wurde bereits vermutet, dass es sich bei diesem nicht um ein einziges Element handelte. Jedoch waren die bisherigen Anstrengungen, die einzelnen Elemente zu trennen, nicht erfolgreich gewesen. Auer wandte dabei seine Methode der fraktionierten Kristallisation an, statt eine fraktionierte Fällung. Dadurch gelang ihm die Trennung des vermeintlichen Didyms in Praseodym und Neodym. 1907 veröffentlichte er Versuchsergebnisse zur Existenz von zwei Elementen in Ytterbium, die er Aldebaranium und Cassiopeium nannte. Nach dem längsten Prioritätsstreit in der Geschichte der Chemie mit dem französischen Chemiker Georges Urbain werden diese als Ytterbium und Lutetium bezeichnet.
Mit Lutetium wurde das Kapitel der Geschichte der Entdeckung der natürlich vorkommenden Metalle der Seltenen Erden, die länger als ein Jahrhundert gedauert hatte, abgeschlossen. Auch wenn alle natürlich vorkommenden Metalle der Seltenen Erden entdeckt waren, war dies den damaligen Forschern nicht bewusst. So setzten sowohl Auer als auch Urbain ihre Arbeiten fort. Die theoretische Erklärung zur großen Ähnlichkeit der Eigenschaften der Metalle der Seltenen Erden und zur Maximalanzahl dieser kam erst später mit der Entwicklung der Atomtheorie. Die Ordnungszahl wurde 1912 durch van den Broek eingeführt. Henry Growyn und Henry Moseley entdeckten 1913, dass es eine mathematisch darstellbare Beziehung zwischen der Ordnungszahl eines Elementes und der Frequenz der emittierten Röntgenstrahlen an einer Antikathode des gleichen gibt. Urbain unterwarf daraufhin alle Elemente der Seltenen Erden, die in jüngster Zeit entdeckt worden waren, dem Test von Moseley und bestätigte, dass sie echte Elemente waren. Der Bereich der Elemente der seltenen Erden vom Lanthan mit der Ordnungszahl 57 bis zum Lutetium mit 71 wurde aufgestellt, 61 war jedoch noch nicht bekannt.
1941 bestrahlten Forscher der Universität von Ohio Praseodym, Neodym und Samarium mit Neutronen, Deuteronen und Alphapartikeln und erzeugten dadurch neue Radioaktivitäten, die höchstwahrscheinlich auf die des Elementes Nummer 61 zurückzuführen waren. Die Bildung von Element 61 wurde 1942 auch von Wu und Segrè beansprucht. Der chemische Nachweis gelang 1945 am Clinton Laboratory, dem späteren Oak Ridge National Laboratory durch Marinsky, Glendenin und Coryell, die das Element durch Ionenaustauschchromatographie aus den Produkten der Kernspaltung von Uran und der Neutronen-Bombardierung von Neodym isolierten. Sie nannten das neue Element Promethium.[3]
Von 1963 bis 1995 leistete Allan Roy Mackintosh entscheidende Beiträge zum atom- und festkörperphysikalischen Verständnis der Seltenen Erden.
Vorkommen
Die größten Vorkommen von Seltenen Erden befinden sich in China in der Inneren Mongolei (2,9 Millionen Tonnen, beispielsweise Bayan-Obo-Mine, Erzgehalt von 3–5,4 Prozent der Selten-Erde-Metalle). Das bislang größte bekannte Vorkommen außerhalb Chinas mit mindestens 1,4 Millionen verwertbaren Tonnen ist Mount Weld in West-Australien. Daneben gibt es große Vorkommen in Grönland mit einem Vorkommen von 2,6 Millionen Tonnen, für deren Abbau bisher nur eine Pilotanlage betrieben wird.[4] Ebenso wurden große Vorkommen in Kanada entdeckt.
Der Anteil von China an der weltweiten Produktion wurde 2014 mit ca. 97,5 % angegeben,[5][6] er sank bis 2018 auf 71 %.[7] 12 % wurden in Australien gewonnen, 9 % in den USA.[7] Neben dem Vorkommen von Seltenen Erden in den USA (Mountain Pass, Kalifornien) befinden sich weitere bereits erschlossene in Indien, Brasilien und Malaysia.[8] Südkorea will zukünftig Seltene Erden in Kooperation mit Vietnam fördern.[9] Größere Mengen Seltener Erden wurden durch japanische Wissenschaftler Mitte 2011 im Pazifik entdeckt.[10] Die bisher größte Lagerstätte wurde im Jahr 2013 in Nordkorea gefunden. In der Lagerstätte von Jongju sollen sich etwa 216 Millionen Tonnen befinden.[11]
Im Jahr 2012 wurde in Deutschland Exploration durch das Unternehmen Seltenerden Storkwitz AG betrieben: Für die Lagerstätte nahe Storkwitz (Ortsteil von Delitzsch, Sachsen) wurden Ressourcenschätzungen von Geologen aus den 1980er Jahren bis zu einer Tiefe von 600 Metern bestätigt. Es handelt sich um eine Ressource von 4,4 Millionen Tonnen Erz mit 20.100 Tonnen Seltenerd-Verbindungen (meist Oxiden) bei Gehalten um 0,45 Prozent.[12] 2017 wurde das Projekt jedoch als nicht wirtschaftlich eingestellt.[13]
Die wichtigsten Erze der Seltenen-Erden-Metalle sind der Monazit und der Bastnäsit. Der SE-Gehalt des Erzes von Mount Weld wird mit 10 Prozent angegeben,[14] der von Mountain Pass mit 8–12 Prozent.[15]
Land | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | Reserven (Stand 2020) |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
China | 130 | 105 | 100 | 95 | 95 | 105 | 105 | 105 | 120 | 132 | 140 | 44.000 |
USA | 0 | 0 | 0,8 | 5,5 | 7 | 4,1 | 0 | 0 | 18 | 26 | 38 | 1.400 |
Indien | 2,8 | 2,8 | 2,9 | 2,9 | 3,0 | k. A. | 1,7 | 1,5 | 2,9 | 3,0 | 3,0 | 6.900 |
Australien | 0 | 2,2 | 3,2 | 2,0 | 2,5 | 10 | 14 | 20 | 21 | 21 | 17 | [26] 3.400 |
Russland | k. A. | k. A. | k. A. | 2,5 | 2,5 | 2,5 | 3,0 | 3,0 | 2,7 | 2,7 | 2,7 | (GUS, 2012:) 18.000 |
Malaysia | 0,03 | 0,28 | 0,10 | 0,18 | 0,2 | 0,2 | 0,3 | 0,3 | 0,0 | 0,0 | 0,0 | 30 |
Brasilien | 0,55 | 0,25 | 0,14 | 0,33 | / | / | 1,1 | 2,0 | 1,1 | 1,0 | 1,0 | 22.000 |
Thailand | k. A. | k. A. | k. A. | k. A. | k. A. | k. A. | 0,8 | 1,6 | 1,0 | 1,8 | 2,0 | k. A. |
Vietnam | k. A. | k. A. | k. A. | k. A. | k. A. | k. A. | 0,3 | 0,1 | 0,92 | 0,90 | 1,0 | 22.000 |
Gesamt (gerundet) | 133 | 111 | 110 | 111 | 110 | 124 | 126 | 130 | 190 | 220 | 240 | 120.000 |
Auf dem Erdmond gibt es Vorkommen von KREEP-Mineralien, die in geringer Menge Seltene Erden enthalten. Auf weiteren Objekten im Weltraum, einschließlich erdnahen Objekten (NEOs), sind Metalle der Seltenen Erden vorhanden.[27][28][29] Es gibt theoretische Überlegungen für Asteroidenbergbau.
Keines der Seltenen-Erden-Metalle kommt in der Natur rein vor, sondern es liegt immer eine Mischung der Seltenen Erden vor. Aus diesem Grund kann bei den entsprechenden Mineralien (z. B. Allanit) keine einheitliche chemische Formel angegeben werden. Es hat sich daher in der Mineralogie eingebürgert, die Elemente der Seltenen Erden in ihrer Summe anzugeben und in der entsprechenden chemischen Formel mit SEE (Seltene-Erden-Elemente) bzw. REE (von englisch rare earth elements) abzukürzen. Wenn möglich ist die Bezeichnung Ln für die Lanthanoiden bzw. (Y,Sc,Ln) für die Seltene-Erden-Metalle zu wählen.
Gewinnung
Die reinen Metalle werden überwiegend durch Schmelzflusselektrolyse der Chloride bzw. Fluoride gewonnen. Vorher müssen die entsprechenden Verbindungen jedoch aus den Erzen, die neben anderen Verbindungen immer Gemische der Seltenen Erden enthalten, über zum Teil aufwendige Trennverfahren separiert werden. Im ersten Schritt werden die Erze durch Behandlung mit Laugen oder Säuren aufgeschlossen, zum Teil werden die Erze, wie Monazit, auch einer Hochtemperaturchlorierung unterworfen, wobei ein Gemisch von Chloriden entsteht. In einem weiteren Schritt werden die aus dem aufgeschlossenen Material gewonnenen Salze einem Trennverfahren unterworfen. Hierfür kommen in Frage[30]:
- Verfahren, die unterschiedliche Löslichkeiten berücksichtigen. Hierbei werden schwerlösliche Salze einer fraktionierten Fällung oder Kristallisation unterworfen.
- Verfahren über Ionenaustauscher. Hierbei werden bevorzugt Kationenaustauscher verwendet. Die Elution aus der Trennsäule erfolgt dabei mit Komplexbildnern wie EDTA oder NTA.
- Flüssig-Flüssig-Extraktion im Gegenstrom. Dieses Verfahren ist das effektivste und technisch bedeutungsvoll. Ein Komplexbildner, der zusammen mit einem Lösungsmittel verwendet wird, überführt im Gegenstrom die gelösten Salze der Seltenen Erden aus einer wässrigen in eine organische Phase. Als Extraktionsmittel werden Tri-n-butyl-phosphat, Di(2-ethylhexyl)phosphorsäure oder langkettige quartäre Ammoniumsalze eingesetzt. Die Abtrennung der Seltenen Erden aus den Lösungen erfolgt dann durch Fällung als Oxalate, Hydroxide oder Carbonate, die zu den Oxiden verglüht werden. Durch Lösen in Mineralsäuren werden dann die entsprechenden Salze der einzelnen Elemente hergestellt.
Produktionsstätten für die Flüssig-Flüssig-Extraktion befinden sich fast ausschließlich in China. In Europa sind nur noch Silmet in Estland und Solvay in La Rochelle aktiv.[31][32]
Biologische Verfahren
Ein Bioleaching-Verfahren, um Seltenerdmetalle aus Phosphorgips und Elektronikschrott zu gewinnen, beruht auf einem Säuregemisch, das von dem Bakterium gluconobacter oxydans erzeugt wird und u. a. Gluconsäure enthält.[33][34]
Verwendung
Seltene Erden werden in vielen Schlüsseltechnologien eingesetzt. Europium wurde in Röhren- und Plasmabildschirmen benötigt für die Rotkomponente im RGB-Farbraum. Neodym wird in Legierung mit Eisen und Bor zur Herstellung von Dauermagneten verwendet. Diese Neodym-Magnete werden in permanenterregten Elektromotoren, Generatoren von Windkraftanlagen und auch in Elektromotoren von Kfz-Hybrid-Antrieben eingesetzt. Lanthan wird für Legierungen in Akkumulatoren benötigt.[35] 13 Prozent der Seltenen Erdmetalle kommen für Polituren zum Einsatz, etwa 12 Prozent für Spezialgläser und 8 Prozent für die Leuchtmittel der Plasma- und LCD-Bildschirme, für Leuchtstofflampen (in geringerem Umfang für Kompaktleuchtstofflampen) und Radargeräte. Metalle der Seltenen Erden werden in der medizinisch-diagnostischen Radiologie als Kontrastmittelbeigabe bei Kernspin-Untersuchungen (Magnetresonanztomographie) verwendet.
Neuere Untersuchungen zeigen, dass die Oxide der Lanthanreihe nach dem Sintern intrinsisch hydrophobe Eigenschaften besitzen. Aufgrund hoher Temperaturbeständigkeit, hoher Abriebfestigkeit und ihrer hydrophoben Eigenschaften bieten sich diesbezüglich weitere Einsatzmöglichkeiten an (z. B. Dampfturbinen und Flugzeugtriebwerke).[36][37]
Weitere Beispiele gibt es in der Tabelle[38] unter Verwendung der Lanthanoide und in den Artikeln der jeweiligen Elemente. Dem Verbrauch von 2009 mit 124.000 Tonnen steht ein erwarteter Bedarf für 2012 von 189.000 Tonnen gegenüber.[39]
Z | Name | Etymologie | ausgewählte Verwendungen | |
---|---|---|---|---|
21 | Sc | Scandium | von lateinisch Scandia ‚Skandinavien‘, wo das erste Erz entdeckt wurde | Stadionbeleuchtung, Brennstoffzellen, Rennräder, Röntgentechnik, Laser |
39 | Y | Yttrium | nach dem Entdeckungsort des Seltenen-Erden-Erzes bei Ytterby, Schweden | Leuchtstofflampe, LCD- und Plasmabildschirme, LEDs, Brennstoffzelle, Nd:YAG-Laser |
57 | La | Lanthan | von griechisch lanthanein ‚versteckt sein‘. | Nickel-Metallhydrid-Akkus (z. B. in Elektro- und Hybridautos, Laptops), Katalysatoren, Rußpartikelfilter, Brennstoffzellen, Gläser mit hohem Brechungsindex |
58 | Ce | Cer | nach dem Zwergplaneten Ceres. | Auto-Katalysatoren, Rußpartikelfilter, Ultraviolettstrahlung-Schutzgläser, Poliermittel |
59 | Pr | Praseodym | von griech. prásinos ‚lauchgrün‘, didymos ‚doppelt‘ oder ‚Zwilling‘ | Dauermagnete, Flugzeugmotoren, Elektromotoren, Glas- und Emaillefärbung |
60 | Nd | Neodym | von griech. neos ‚neu‘ und didymos ‚doppelt‘ oder ‚Zwilling‘ | Dauermagnete (z. B. in Elektromotoren, Windkraftanlagen, Kernspintomografen, Festplatten), Glasfärbung, Laser, CD-Player |
61 | Pm | Promethium | von Prometheus, einem Titanen der griechischen Mythologie | Leuchtziffern, Wärmequellen in Raumsonden und Satelliten (radioaktives Element) |
62 | Sm | Samarium | nach dem Mineral Samarskit, das wiederum benannt nach dem Bergingenieur W. M. Samarski |
Dauermagnete (in Diktiergeräten, Kopfhörern, Festplattenlaufwerken), Raumfahrt, Gläser, Laser, Medizin |
63 | Eu | Europium | neben Americium das einzige nach einem Erdteil benannte Element | LEDs, Leuchtstofflampen, Plasmafernseher (roter Leuchtstoff) |
64 | Gd | Gadolinium | nach Johan Gadolin (1760–1852), dem Namensgeber des Gadolinits | Kontrastmittel (Kernspintomographie), Radar-Bildschirme (grüner Leuchtstoff), AKW-Brennelemente |
65 | Tb | Terbium | nach dem schwedischen Fundort Ytterby | Leuchtstoffe, Dauermagnete |
66 | Dy | Dysprosium | von griech. δυσπρόσιτος ‚unzugänglich‘ | Dauermagnete (z. B. Windkraftanlagen), Leuchtstoffe, Laser, Atomreaktoren |
67 | Ho | Holmium | von Stockholm (lat. Holmia) oder eine Ableitung des Chemikers Holmberg | Hochleistungsmagnete, Medizintechnik, Laser, Atomreaktoren |
68 | Er | Erbium | nach dem schwedischen Fundort Ytterby | Laser (Medizin), Glasfaserkabel |
69 | Tm | Thulium | nach Thule, der mythischen Insel am Rande der Welt | Leuchtstofflampen, Röntgentechnik, Fernsehgeräte |
70 | Yb | Ytterbium | nach dem schwedischen Fundort Ytterby | Infrarotlaser, chemische Reduktionsmittel |
71 | Lu | Lutetium | nach dem römischen Namen von Paris, Lutetia | Positronen-Emissions-Tomographen |
Umweltprobleme
Der Abbau von Seltenen Erden erfolgt über Säuren, mit denen die Metalle aus den Bohrlöchern gewaschen werden. Der dabei vergiftete Schlamm bleibt zurück. Überdies fallen große Mengen an Rückständen an, die giftige Abfälle enthalten (Thorium, Uran, Schwermetalle, Säuren, Fluoride). Der Schlamm wird in künstlichen Teichen gelagert, die insbesondere in China aufgrund fehlender Umweltauflagen keinesfalls sicher sind. Neben dieser Gefahr für das Grundwasser besteht ein permanentes Risiko für das Austreten von Radioaktivität, da viele Erze Seltener Erden radioaktive Substanzen enthalten.[40]
Weltmarktprobleme
Die weltweit geförderte Menge Seltener Erden lag im Jahr 2010 bei etwas über 133.000 Tonnen; im Jahr 2012 sank die weltweite Fördermenge auf 110.000 Tonnen (allein in China von 130.000 Tonnen im Jahr 2010 auf 100.000 Tonnen im Jahr 2012). Das entspricht dem knapp 120sten Teil der weltweiten jährlichen Kupferproduktion von 15 Millionen Tonnen. Zur Beurteilung der Weltmarktsituation ist die Unterscheidung zwischen leichten und schweren Seltenen Erden (s. o. Abschnitt „Bezeichnung und Einteilung“) sinnvoll.
Die Förderung Seltener Erden ist sehr kostenintensiv. Bis in die 1990er Jahre hinein waren die USA das Hauptförderland, später wurde wegen der niedrigeren Kosten in der Volksrepublik China (im Folgenden: China) die Förderung in den USA unrentabel. China förderte im Jahr 2006 rund 119.000 Tonnen (damit fünfmal so viel wie im Jahr 1992) und dominiert mittlerweile den Weltmarkt (2007: 95 Prozent der weltweiten Förderung[41], 2010: 97 Prozent, 2011: 95 Prozent, 2013: 92 Prozent, 2018: 71 Prozent[7]).[42]
China beschränkt den Export: Für 2010 wurde eine Quote von 30.300 Tonnen festgelegt, so dass für das zweite Halbjahr nur 8.000 Tonnen verblieben (gegenüber 28.000 Tonnen im zweiten Halbjahr 2009). 2011 galt für die leichten Seltenen Erden Neodym, Lanthan, Cer und Europium eine Exportquote von 35.000 Tonnen, für die schweren Seltenen Erden Yttrium, Thulium und Terbium ein vollständiges Exportverbot.[43] Dabei hat China bei schweren Seltenen Erden weitgehend eine Monopolstellung.[44] Im Streit um eine im Januar 2011 geplante Erhöhung der Ausfuhrzölle für Seltene Erden kündigten die USA im Dezember 2010 an, China notfalls vor der WTO zu verklagen.[45] Dies wurde am 13. März 2012 umgesetzt[46]; die EU und Japan beteiligten sich an der Klage. Nachdem die WTO die Exportbeschränkungen für unzulässig erklärte, hob China die entsprechenden Exportquoten auf.[47] Als Reaktion auf internationale Proteste hatte China im April 2012 einen Wirtschaftsverband für Seltene Erden gegründet. Der Verband werde den Abbau und die Verarbeitung der Rohstoffe koordinieren und „einen vernünftigen Preismechanismus“ entwickeln, teilte das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie mit.[48]
Mit den genannten Exportbeschränkungen könnte China Absicherung des Eigenbedarfs und die Verlagerung rohstoffabhängiger Wertschöpfung ins Inland bezwecken.[49] Bezweifelt wird inzwischen, dass diese Politik vor allem der Verlagerung westlicher Produktion nach China dient, da westliche Unternehmen zunehmend von einer Benachteiligung ihrer Werke in China gegenüber einheimischen Unternehmen berichten.[50] Kritiker sehen in der Gründung des genannten chinesischen Wirtschaftsverbandes für Seltene Erden den Versuch, den Sektor noch stärker zu kontrollieren.[48] Die Versorgung mit Seltenen Erden spielte eine konkrete Rolle in der chinesischen Außenpolitik gegenüber Japan.[51] Nach der Verhaftung des Kapitäns eines chinesischen Fischkutters, der ein Boot der japanischen Küstenwache gerammt hatte, wurde die Lieferungen Seltener Erden nach Japan so lange blockiert, bis der Kapitän aus der Haft entlassen und nach China ausgeflogen worden war. Japanische Unternehmen treffen mittlerweile Vorsorgemaßnahmen; so bildete Toyota eine eigene Arbeitsgruppe, die die Versorgung mit Seltenen Erden sicherstellen soll. Auch das japanische Ministerium für Handel und Wirtschaft nahm sich des Problems an und versucht, anhand einer Unternehmensbefragung einen Überblick über die Lage zu gewinnen.[50][52]
Wegen der beschränkenden Maßnahmen Chinas will das Bergbauunternehmen Molycorp Minerals den Abbau in den USA (Mountain Pass) wieder aufnehmen[53], jedoch fehlten US-Unternehmen zwischenzeitlich Fördererlaubnisse.[54] Nachdem internationale Bergbaukonzerne die erneute Förderung Seltener Erden in verschiedenen Erdteilen angekündigt hatten und dafür teilweise stillgelegte Minen reaktiviert wurden, wurden Befürchtungen besonders in Kreisen der deutschen Industrie verringert, dass die künftige chinesische Exportpolitik zu Engpässen bei der Belieferung mit Seltenen Erden führe. 2018 stammten 20 % der deutschen Importe aus Russland, und Experten rechneten 2019 auch aufgrund langfristiger Lieferverträge nicht mit kurzfristigen Auswirkungen eines Handelsstreites zwischen den USA und China auf die Versorgung in Deutschland.[55]
Nach Angaben von Geologen liegen vor allem auf Grönland und in Kanada weitere potentielle Abbaugebiete; so könne ein Areal im grönländischen Kvanefjeld bis zu 100.000 Tonnen Seltene Erden pro Jahr abwerfen, was der Menge der derzeitigen Gesamtproduktion Chinas von 130.000 Tonnen pro Jahr nahe käme.[56] Der Abbau in Kvanefjeld begann 2016 mit einer Pilotanlage, die sich 2016/2017 in der Begutachtungsphase befand.[4]
Marktbeobachter wie die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe[57] oder die Deutsche Rohstoffagentur halten eine unterschiedliche Preisentwicklung für leichte und schwere Seltene Erden für wahrscheinlich. Während der Preis für Cer-Mischmetall (leichte Seltene Erden) von Mitte 2011 bis Mitte 2014 um den Faktor 15 fiel[58], wird weiterhin ein Engpass bei schweren Seltenen Erden erwartet.[59] Nach einer Studie von Roland Berger Strategy Consultants aus dem Jahre 2011 sollten die Preise für schwere Seltene Erden in naher Zukunft ansteigen und langfristig auf einem hohen Niveau bleiben. Die Preise für leichte Seltene Erden hingegen sollten in naher Zukunft sinken, was aber von Vorgaben chinesischer Politik abhänge.[60]
Anfang 2015 hob China seine Exportbeschränkungen auf. 2013 wurden 22.493 Tonnen exportiert, bis November 2014 waren es rund 24.886 Tonnen – das Exportlimit von rund 31.000 Tonnen wurde also bei weitem noch nicht ausgeschöpft.[61]
Im Juni 2019 droht die Volksrepublik China infolge des Handelskonfliktes zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China die Drosselung des Verkaufs Seltener Erden in die USA an.[62]
Literatur
Fachliteratur
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Weblinks
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- Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Aktuelle BGR-Recherche: Anteil Chinas an weltweiter Seltene Erden-Produktion sinkt nur langsam, 12. März 2014
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- FAZ.net 5. Januar 2015: Warum China die seltenen Erden freigibt
- Handelsblatt.com: China droht den USA mit Exportdrosselung für seltene Erden