MW 18014
MW 18014 war eine deutsche A4-Rakete, deren Versuchsstart am 20. Juni 1944 in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde auf der Greifswalder Oie durchgeführt wurde.[1][2] Sie gilt manchen Quellen zufolge als das erste künstliche Objekt im Weltraum, da sie mit einer Höhe von rund 175 km die Kármán-Linie, die international anerkannte Grenze zum Weltraum, überschritt.[3][4][5] Andere Quellen erwähnen eine A4, die bereits früher im selben Jahr 189 km hoch geflogen sei.[6][7] Beide Raketen erreichten allerdings keine Orbitalgeschwindigkeit und schlugen daher wieder auf der Erde auf, MW 18014 westlich von Zingst. Somit waren diese Senkrechtstarts die ersten suborbitalen Flüge. Der Name der Rakete setzt sich aus MW für Mittelwerk, dem Hersteller der Rakete, sowie ihrer Seriennummer zusammen.
MW 18014 | |
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Phase: F / Status: beendet | |
Typ: | Aggregat 4 |
Land: | Deutsches Reich |
Organisation: | Wehrmacht |
Missionsdaten | |
Startdatum: | 20. Juni 1944 |
Startplatz: | Heeresversuchsanstalt Peenemünde |
Enddatum: | 20. Juni 1944 |
Bahndaten | |
Bahnhöhe: | 175 km (suborbital) |
Allgemeine Raumfahrzeugdaten | |
Startmasse: | 12.500 kg |
Hersteller: | Mittelwerk GmbH |
Sonstiges | |
Vorherige Mission: | V-177 |
Nachfolgende Mission: | MW 17940 |
Hintergrund
Frühere A4-Raketen konnten zwar Höhen von 90 km erreichen, waren aber wenig verlässlich. Beispielsweise schlugen bis zu 70 % der Teststarts fehl, weil viele Raketen durch einen Konstruktionsfehler im Vorderteil des Rumpfes mitten im Flug versagten. Eine A4-Rakete kam während des Aufstiegs durch den Pogoeffekt vom Kurs ab und wand sich zurück zu ihrem Startplatz, wo sie vier Mitglieder der Starttruppen tötete.[8]
Die Mannschaft in Peenemünde strengte daraufhin 1943 und in der ersten Jahreshälfte 1944 einige Verbesserungen an, um die Verlässlichkeit der Raketen zu erhöhen. Einmischungen der SS, Angriffe der Alliierten im Rahmen der Operation Hydra sowie Versuche, das Programm im Juni 1944 zu privatisieren,[8] und die zweiwöchige Festnahme des technischen Leiters Wernher von Braun am 15. März 1944 erschwerten dies aber.[9]
Das Vorrücken der Alliierten in der Normandie, Fortschritte der Mittelwerk-Untergrundfabrik, in der die Raketen hergestellt wurden, und Verbesserungen der Flüssigtreibstoffe vergrößerten die Erwartungen an von Braun, die Verlässlichkeit der A4 zu steigern.[8]
Rekorde
Der Raketenstart war Teil einer Serie senkrechter Teststarts im Juni 1944, die das Verhalten der Raketen im Vakuum testen sollten. Er erreichte ein Apogäum von 175[4] oder 174,6 km. Ein vorheriger Höhenrekord von 84,5 km war beim Versuchsstart V-4 am 3. Oktober 1942 aufgestellt worden,[10] ein weiterer möglicherweise Anfang 1944 mit einem A4-Flug bis 189 km.[7] V-4 war das erste Objekt gewesen, das die Thermosphäre erreicht hatte.
Die A4 war das erste menschengemachte Objekt, das den Weltraum erreichte, wie er von der 100 km hohen Kármán-Linie definiert wird. Zur damaligen Zeit wurde die Höhe jedoch nicht als besonders angesehen; die Raketenwissenschaftler feierten eher den Start V-4.[10] Nach dem Krieg legte die Internationale Aeronautische Vereinigung (FAI) die Kármán-Linie, die Grenze zwischen der Erdatmosphäre und dem Weltraum, auf 100 km fest.
Eine weitere A4-Rakete aus derselben Versuchsserie erreichte (vermutlich nach MW 18014) eine Höhe von 189 km. Das Datum dieses Starts ist allerdings unbekannt, da in jener Zeit keine genauen Daten festgehalten wurden.[5]
Siehe auch
Einzelnachweise
- M.P. Milazzo, L. Kestay, C. Dundas; U.S. Geological Survey: The Challenge for 2050: Cohesive Analysis of More Than One Hundred Years of Planetary Data. In: Planetary Science Division, NASA (Hrsg.): Planetary Science Vision 2050 Workshop. 1989, 2017, S. 8070. bibcode:2017LPICo1989.8070M. Abgerufen am 7. Juni 2019.
- Michael Bright, Chloe Sarosh: Earth from Space (en). Ebury Publishing, Introduction 2019, ISBN 978-1-4735-3160-4 (Abgerufen am 7. Juni 2019).
- Matt Williams: How high is space?. In: Universe Today. 16. September 2016. Archiviert vom Original am 2. Juni 2017. Abgerufen am 14. Mai 2017.
- André T. Hensel: Geschichte der Raumfahrt bis 1970: Vom Wettlauf ins All bis zur Mondlandung, 2. Auflage, Springer Verlag, Berlin, ISBN 978-3-662-58838-3, S. 32 und 42
- Mark Wade: Peenemuende. In: Astronautix.com. Archiviert vom Original am 25. April 2005. Abgerufen am 7. Juni 2019.
- 1944 Chronology in der Encyclopedia Astronautica, abgerufen am 12. Dezember 2020 (englisch).
- Erik Seedhouse: Virgin Galactic: The First Ten Years. Springer, 2015, S. 3 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Chronology – Quarter 1 1944. In: web.archive.org. 8. April 2010. Abgerufen am 7. Juni 2019.
- Highlights in German Rocket Development from 1927–1945. In: MSFC History Office. NASA Marshall Space Flight Center.
- Walter Dornberger: V-2. Viking, New York 1952. Englische Übersetzung 1954.