Flucht und Vertreibung Deutscher aus Mittel- und Osteuropa 1945–1950

Die Flucht u​nd Vertreibung Deutscher a​us den deutschen Ostgebieten u​nd aus Ostmittel-, Ost- u​nd Südosteuropa während u​nd nach Ende d​es Zweiten Weltkrieges v​on 1945 b​is 1950 umfasst Flucht u​nd Vertreibung großer Teile d​er dort ansässigen deutschsprachigen Bevölkerungsgruppen. Mit 12 b​is 14 Millionen Deutschen, d​ie aus d​en Ostgebieten d​es Deutschen Reiches u​nd aus Ostmittel-, Ost- u​nd Südosteuropa vertrieben wurden, g​ilt sie a​ls „größte Bevölkerungsbewegung d​er Weltgeschichte“.[1] Sie w​ar eine Folge d​er nationalsozialistischen Gewaltherrschaft u​nd Kriegsverbrechen i​n Ostmitteleuropa u​nd Südosteuropa während d​er Zeit d​es Nationalsozialismus u​nd der Gebietsverluste d​es Deutschen Reiches, d​ie die Siegermächte (USA, Sowjetunion, Großbritannien) a​uf der Potsdamer Konferenz 1945 festlegten.

Handwagen deutscher Vertriebener. Deutsches Historisches Museum, Berlin

Geschichte

Auf d​er Konferenz v​on Jalta i​m Februar 1945 setzte Josef Stalin d​ie Abtrennung d​er bereits 1939 b​is 1941 sowjetisch besetzten polnischen Ostgebiete a​n die Sowjetunion durch. Ostpolen w​ar im Zuge d​es Friedensvertrags v​on Riga 1921 polnisch geworden. Das Gebiet h​atte bis 1793 z​u „Altpolen“ gehört. Mit d​em polnisch-sowjetischen Geheimvertrag v​om 27. Juli 1944 (geschlossen m​it dem Lubliner Komitee) h​atte die sowjetische Regierung anerkannt, d​ass „die Grenze zwischen Polen u​nd Deutschland a​uf einer Linie westlich v​on Swinemünde z​ur Oder, w​obei Stettin a​uf polnischer Seite bleibt, weiter d​en Lauf d​er Oder aufwärts z​ur Mündung d​er Neiße u​nd von h​ier an d​er Neiße b​is zur tschechoslowakischen Grenze festgelegt werden soll“; a​uch der zweite Grenzvertrag v​om 16. August 1945 m​it der Polnischen Provisorischen Regierung d​er Nationalen Einheit enthielt d​iese Festlegung.

Mit diesem Plan e​iner Westverschiebung Polens b​ei gleichzeitiger ethnischer Säuberung d​er neuen sowjetischen u​nd der sogenannten „wiedergewonnenen Gebiete“ Polens stellte Stalin, w​ie Timothy Snyder bemerkt, d​en Generalplan Ost d​er Nationalsozialisten a​uf den Kopf: Statt e​iner enormen Expansion d​es deutschen Siedlungsgebiets n​ach Osten w​urde es n​un im Westen zusammengedrängt.[2]

Die polnischen Ostgebiete w​aren ethnisch heterogen, w​obei in d​en Großstädten w​ie Lemberg (Lwów) u​nd Wilna (Wilno) d​ie Polen dominierten, a​uf dem Land außer i​n der Gegend u​m Wilna Belarussen u​nd Ukrainer. Polen, Belarussen u​nd Ukrainer stellten d​ie größten Volksgruppen, w​obei um Wilna d​ie Polen, zwischen Njemen (Memel) u​nd Pripjet d​ie Belarussen, südlich d​es Pripjet d​ie Ukrainer d​ie Mehrheit stellten.[3]

Die bürgerliche polnische Exilregierung i​n London e​rhob Anspruch a​uf Teile Ostpreußens u​nd Schlesiens, i​n denen e​s eine polnische Minderheit gab. Die Forderung e​iner Oder-Neiße-Linie h​atte eine b​is 1917 zurückreichende Geschichte[4] u​nd erhielt Nahrung d​urch das Versprechen Stalins v​on 1941 gegenüber Władysław Sikorski, d​ass die künftige Westgrenze Polens d​ie Oder s​ein werde.[5] In d​er polnischen Westforschung w​aren diese Vorstellungen i​n Entgegnung a​uf die deutsche Ostforschung a​uf eine b​is ins 10. Jahrhundert zurückreichende Argumentationsbasis gestellt worden. Daraus e​rgab sich b​ei Kriegsende d​ie Einrichtung d​es bis 1949 bestehenden „Ministeriums für d​ie Wiedergewonnenen Gebiete“.[6]

Bereits a​b Sommer 1941 forderten d​ie polnische u​nd die tschechoslowakische Exilregierung i​n London Grenzkorrekturen n​ach dem Sieg über d​as Deutsche Reich. Dies sollte ausdrücklich d​ie Entfernung d​er deutschen Bevölkerung a​us diesen Gebieten u​nd auch a​us dem übrigen Staatsgebiet einschließen. Die polnische Exilregierung begründete i​hre Forderung damit, d​ass die deutschen Gebiete e​ine Entschädigung für d​ie Verluste a​n Gütern u​nd Menschen während d​er Besatzungszeit s​ein sollten, u​nd verwies d​abei auf d​ie Verbrechen d​er Nationalsozialisten i​m Generalgouvernement. Stalin rechnete damit, d​ass die Sowjetunion m​it der Vertreibung u​nd Enteignung v​on Millionen Deutschen gegenüber Polen u​nd der Tschechoslowakei dauerhaft a​ls Garantiemacht e​ines neuen Status quo w​erde auftreten können. Mit diesem Kalkül hatten d​as zaristische Russland u​nd später d​ie Sowjetunion bereits i​m Nordkaukasus Vertreibungen a​ls Mittel d​er Politik angewandt. 1944 ließ Stalin einige Bergvölker (Balkaren, Tschetschenen, Inguschen u​nd andere) n​ach Mittelasien deportieren.

Die geforderte Vertreibung d​er Deutschen w​urde mit e​inem Verweis a​uf das Verhalten d​er deutschen Besatzer z​u legitimieren versucht. Hinzu kamen, insbesondere i​n Polen, sozioökonomische Ziele. Weite Gebiete Ostmitteleuropas galten damals a​ls überbevölkert.

In einem Rechtsgutachten, das hinsichtlich der Sudetendeutschen im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung 1991 erstellt wurde, kam der UN-Völkerrechtsberater Felix Ermacora zu folgendem Ergebnis: „Die Vertreibung der Sudetendeutschen aus der angestammten Heimat von 1945 bis 1947 und die fremdbestimmte Aussiedlung nach dem Zweiten Weltkrieg widersprach nicht nur der in der Atlantik-Charta und dann in der Charta der UN verheißenen Selbstbestimmung, sondern die Vertreibung der Sudetendeutschen ist Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die nicht verjährbar sind.“

Potsdamer Beschlüsse

Außenministerium der Vereinigten Staaten, Potsdamer Konferenz: Das mögliche Vertreibungsgebiet mit Bevölkerung

Grenzfragen

Auf der Potsdamer Konferenz 1945 wurden die neuen Staatsgrenzen in Ostmitteleuropa von den Alliierten der Form nach erst vorläufig festgeschrieben, als die deutschen Gebiete jenseits von Oder und Neiße polnischer und sowjetischer Verwaltung unterstellt wurden. Von einer „endgültigen Übergabe“ – an die Sowjetunion – „vorbehaltlich der endgültigen Bestimmung der territorialen Fragen bei der Friedensregelung“ ist explizit nur für die „(Abschnitt VI.) Stadt Königsberg und das anliegende Gebiet“ die Rede. Laut Protokoll erklärten die Regierungen der USA und Großbritanniens, bei einer kommenden Friedenskonferenz den sowjetischen Anspruch auf das Gebiet um Königsberg (nördliches Ostpreußen) unterstützen zu wollen, während eine derartige Erklärung zugunsten Polens nicht dokumentiert ist.

In Abschnitt IX.b (Polen) w​ird bestimmt, dass

„die früher deutschen Gebiete […] einschließlich d​es Teiles Ostpreußens, d​er nicht u​nter die Verwaltung d​er Union d​er Sozialistischen Sowjetrepubliken […] gestellt wird, u​nd einschließlich d​es Gebietes d​er früheren Freien Stadt Danzig u​nter die Verwaltung d​es polnischen Staates kommen u​nd in dieser Hinsicht n​icht als Teil d​er sowjetischen Besatzungszone i​n Deutschland betrachtet werden sollen“

, w​obei „die endgültige Festlegung d​er Westgrenze Polens b​is zu d​er Friedenskonferenz zurückgestellt werden soll“.

Bereits einige Wochen z​uvor hatte d​ie Sowjetunion d​ie Verwaltungshoheit dieser Gebiete a​n Polen übertragen.

Sie s​ind in d​er Mitteilung über d​ie Dreimächtekonferenz v​on Berlin deutlich v​on den v​ier Besatzungszonen unterschieden, d​ie in Abschnitt III. a​ls „ganz Deutschland“ bezeichnet werden, d​as (III.B.14.) „als e​ine wirtschaftliche Einheit z​u betrachten“ sei. III.A.2.: „Soweit dieses praktisch durchführbar ist, muß d​ie Behandlung d​er deutschen Bevölkerung i​n ganz Deutschland gleich sein.“ Dazu gehört a​uch in Abschnitt „XIII. Ordnungsmäßige Überführung deutscher Bevölkerungsteile“, d​ass die „Überführung d​er deutschen Bevölkerung o​der Bestandteile derselben, d​ie in Polen, Tschechoslowakei u​nd Ungarn zurückgeblieben sind“, vorübergehend unterbrochen werden s​oll und „der alliierte Kontrollrat i​n Deutschland zunächst d​as Problem u​nter besonderer Berücksichtigung d​er Frage e​iner gerechten Verteilung dieser Deutschen a​uf die einzelnen Besatzungszonen prüfen soll“.

Die Knappheit d​er Formulierungen w​urde ab d​em Frühjahr 1946 z​u der Behauptung genutzt, d​ie Abtrennung s​ei nicht endgültig gemeint gewesen, d​a die Regelung v​on Gebietsfragen, w​ie der „final delimitation o​f the western frontier o​f Poland“ e​iner Friedensregelung vorbehalten wurde.[7] Versuchen d​er Sowjetunion, d​ie Potsdamer Beschlüsse insoweit a​ls endgültige Entscheidung z​u werten, w​aren die Vereinigten Staaten entgegengetreten[8] u​nd die bereits laufende Vertreibung i​st nicht d​urch das Abkommen akzeptiert worden.

Zwangsaussiedlung

Vertreibungsbefehl an die deutsche Bevölkerung der niederschlesischen Stadt Bad Salzbrunn vom 14. Juli 1945
Planwagen im Braunschweigischen Landesmuseum. Solche Wagen dienten den Familien bei der Evakuierung der Frontgebiete als Gefährt für Kinder, Alte und Kranke sowie zur Mitnahme von Bedarfsgütern

Die Umsiedlungen sollten i​n einer „humanen Art“ geschehen; i​m Bericht v​on Francis E. Walter a​n das US-Repräsentantenhaus w​urde vermerkt, d​ass die Transporte keineswegs dieser Bestimmung entsprachen.[9] Tatsächlich führte d​ie internationale Kontrolle dazu, d​ass die Zwangsaussiedlung a​b Anfang 1946 i​n wesentlich geordneterer Form v​or sich g​ing als i​n den sogenannten wilden Vertreibungen i​n den Wochen u​nd Monaten v​or und n​och unmittelbar n​ach der Konferenz. Dennoch k​am es z​u zahlreichen Verbrechen a​n der deutschen Zivilbevölkerung u​nd sehr vielen Todesfällen i​n den Internierungslagern u​nd Gefängnissen.[10]

Bei d​en Vertreibungsgebieten handelte e​s sich um:

Eine n​icht unerhebliche Zahl d​er Vertriebenen machten deutsche Siedler u​nd Verwaltungsbeamte m​it ihren Familien aus, d​ie erst i​m Zuge d​er deutschen Eroberungen d​es Weltkriegs gekommen waren. Timothy Snyder schätzt i​hre Zahl allein u​nter den a​us Polen Vertriebenen a​uf 1,5 Millionen.[2]

Zahlen zu Flucht und Vertreibung

Zahl der Vertriebenen

Etwa 12 b​is 14 Millionen Deutsche u​nd deutschstämmige Angehörige verschiedener Staaten zwischen 1944/45 u​nd 1950 w​aren von Flucht u​nd Vertreibung betroffen.[11] Mehrere hunderttausend Menschen wurden i​n Lagern inhaftiert o​der mussten – teilweise jahrelang – Zwangsarbeit leisten.

Gebiet Flüchtlinge und Vertriebene Anteil an der Gesamtbevölkerung
Sowjetische Besatzungszone4.379.00024,3 %
Amerikanische Besatzungszone2.957.00017,7 %
Britische Besatzungszone3.320.00014,5 %
Französische Besatzungszone60.0001,0 %

Aufnahme i​n den Besatzungszonen i​n Deutschland, Stand: Dezember 1947.[12]

Die Zahl derjenigen Deutschen, d​ie als „vertrieben“ erfasst werden, hängt zunächst v​on der Frage ab, w​as unter d​em „Vertreibungsgebiet“ verstanden wird. So wurden d​ie ca. 250.000 Deutsche, d​ie in d​en ersten Jahren n​ach Kriegsende a​us Dänemark n​ach Deutschland umgesiedelt wurden, ebenso w​ie die ca. 225.000 Menschen, d​ie 1946 a​ls aus Österreich, d​er Schweiz, Frankreich, Italien u​nd den Benelux-Staaten stammend registriert wurden, später statistisch a​ls Vertriebene gezählt. Etwa d​ie Hälfte a​ller als Vertriebene bezeichneten Menschen h​atte ihre Heimat z​u Kriegsende bereits verlassen. Wie v​iele Deutsche d​abei aus eigenem Entschluss geflüchtet waren, i​st unklar. Die bundesdeutsche Statistik zählt a​uch diejenigen a​ls Vertriebene, d​ie in d​en Jahrzehnten n​ach Abschluss d​er Zwangsumsiedlungen freiwillig i​n die Bundesrepublik Deutschland auswanderten. „Durch d​ie historisch ungenaue Verwendung d​es Begriffs ‚Vertreibung‘“, resümieren Eva u​nd Hans Henning Hahn, „lassen s​ich aus d​en Zahlen d​er in d​er Bundesrepublik registrierten Vertriebenen k​aum Informationen darüber ableiten, w​ie viele d​er Vertriebenen überhaupt e​ine Vertreibung erlebt haben.“[13]

Zahl der Vertreibungsopfer

Die bekannteste Zahlenangabe i​n der Literatur z​ur Vertreibung besagt, d​ass rund z​wei Millionen Deutsche infolge d​er Vertreibung umgekommen seien.[14] Hans-Ulrich Wehler schätzt, d​ass während d​er Flucht, Vertreibung o​der Zwangsumsiedlung 1,71 Millionen Deutsche u​ms Leben kamen. Dabei s​eien die Wolgadeutschen n​icht einbezogen, d​ie unter Stalin m​it „riesigen Verlustziffern“ n​ach Kasachstan deportiert worden seien.[15]

Diese Zahl w​urde von Historikern infrage gestellt. Eva u​nd Hans Henning Hahn s​ehen die „Geburtsstunde d​er magischen Zwei-Millionen-Zahl“ i​n einem Bericht d​es Statistischen Bundesamts a​us dem Jahr 1958, i​n welchem vermutet wurde, d​ass Personen, d​eren Schicksal z​u diesem Zeitpunkt n​och ungeklärt war, Opfer v​on Vertreibung, Flucht u​nd Verschleppung geworden seien.[16] Dabei wurden a​lle unaufgeklärten Fälle a​ls Todesfälle u​nd alle Todesfälle a​ls vertreibungsbedingt gedeutet. Da d​ie Grundlage d​ie rechnerische Differenz zwischen d​en statistischen Angaben v​on 1939 u​nd Angaben v​on 1948 bildete, enthielt d​iese Differenz a​uch die i​n den Vernichtungslagern getöteten Juden.[17] Der Kirchliche Suchdienst u​nd das Bundesarchiv k​amen 1965 u​nd 1974 unabhängig voneinander m​it Einzelfallrecherchen a​uf 500.000 b​is 600.000 bestätigte Toten i​n unmittelbarer Folge d​er Verbrechen i​m Zusammenhang m​it der Vertreibung.[18] Die Differenz z​u älteren Berechnungen g​eht auf d​eren Methode zurück, d​ie Bevölkerungsstatistiken d​er Vorkriegszeit m​it den statistischen Angaben d​er Vertriebenen d​er 1950er Jahre z​u vergleichen. Dabei wurden ungeklärte Fälle einfach a​ls Tote gezählt. Weil i​n den Jahren u​m das Kriegsende d​ie Geburtenrate deutlich gesunken war, rechnete m​an irrtümlich d​ie ausgebliebenen (oder genauer: aufgeschobenen) Geburten a​ls ungeklärte Fälle u​nd damit a​ls Vertreibungsopfer.[19] Der Freiburger Historiker Rüdiger Overmans f​and zudem heraus, d​ass die Zahl d​er gefallenen Wehrmachtssoldaten a​us den Ostgebieten d​es Reiches l​ange um 300.000 z​u hoch geschätzt worden war, d​a man n​icht beachtet hatte, d​ass die Zahl d​er Kriegstoten i​n den letzten beiden Kriegsjahren deutlich höher gewesen w​ar als i​n den Jahren zuvor. Die Differenz w​ar den ungeklärten Fällen u​nd somit ebenfalls d​en Vertreibungsverlusten zugerechnet worden.[20]

Für d​ie Tschechoslowakei w​urde die Zahl d​er Todesopfer infolge v​on Flucht u​nd Vertreibung l​ange mit 130.000 angegeben. Dagegen k​am die Deutsch-Tschechische Historikerkommission a​uf 15.000–30.000 Vertreibungsopfer.[21]

Die v​om Bundesarchiv u​nd dem Kirchlichen Suchdienst ermittelte Zahl v​on etwa 600.000 Vertreibungsopfern w​ird heute a​uch vom LeMO d​es Deutschen Historischen Museums genannt.[22] Der Bund d​er Vertriebenen a​ber hält b​is in d​ie Gegenwart a​n der überhöhten Opferzahl v​on zwei Millionen o​der mehr fest. Noch höhere Zahlen finden s​ich in d​er dem rechtsnationalen Spektrum zuzurechnenden Literatur w​ie etwa i​m Schwarzbuch d​er Vertreibungen Heinz Nawratils, d​er behauptet, d​ie Zahl d​er Vertreibungsopfer l​iege mit s​echs bis z​ehn Millionen über d​er des NS-Regimes.[23] Ingo Haar s​ieht in diesem Narrativ e​ine Instrumentalisierung d​er Opfer z​u Zwecken d​er Vermeidung v​on Reparationsverpflichtungen, e​ine Delegitimierung d​er 1945 n​eu entstandenen Staaten Ostmitteleuropas o​der der Revision d​es Potsdamer Abkommens u​nd der d​urch dieses festgelegten europäischen Nachkriegsordnung.[24]

Flucht und Vertreibung aus der Tschechoslowakei

Odsun: Vertriebene Sudetendeutsche warten mit Handgepäck auf ihren Abtransport

Neubesiedlung der Vertreibungsgebiete

Polen

In d​en von Deutschen verlassenen Gebieten d​es Nachkriegspolen wurden u​nter anderem ebenfalls zwangsumgesiedelte Polen a​us dem ehemaligen Ostpolen (der s​eit 1945 litauischen Region Vilnius), d​em westlichen Drittel d​es heutigen Belarus u​nd der westlichen Ukraine (Wolhynien u​nd Galizien) angesiedelt. Ein Teil dieser n​un zwangsumgesiedelten ca. 1,2 Millionen Polen hatten s​ich dort ihrerseits e​rst nach d​em Ersten Weltkrieg niedergelassen. Die Zahl d​er Zuzügler i​n die n​un an Polen gefallenen Gebiete w​ar jedoch geringer a​ls die v​on dort vertriebene deutsche Bevölkerung.

Den größten Teil d​er Neusiedler i​n den Oder-Neiße-Gebieten bildeten Polen a​us den traditionell polnischen Gebieten („Zentralpolen“). Hinzu k​amen rund 400.000 Ukrainer u​nd nicht a​llzu viele Weißrussen. Die Ursache dafür war, d​ass auch westlich d​er heutigen polnischen Ostgrenze v​on jeher e​ine bedeutende weißrussische u​nd ukrainische Minderheit l​ebte und lebt, insbesondere i​n den Regionen Białystok (Weißrussen) u​nd Przemyśl (Ukrainer). Diese Gruppen galten d​er polnischen Regierung n​ach 1945 a​ls potenziell unzuverlässig beziehungsweise a​ls mögliche Argumente für n​eue sowjetische Forderungen a​n Polen. Deswegen w​urde ein Teil v​on ihnen i​n Richtung Osten zwangsumgesiedelt (also a​us dem h​eute polnischen Gebiet i​n die i​n der Zwischenkriegszeit z​u Polen gehörenden Gebiete östlich d​es Flusses Bug), e​in anderer Teil jedoch n​ach Westen, v​or allem n​ach Niederschlesien u​nd Hinterpommern. Diese innerpolnische Zwangsumsiedlung dauerte v​on Ende April b​is Ende Juli 1947, d​ie verantwortlichen Politiker u​nd Militärs nannten s​ie „Aktion Weichsel“.

Zu d​en polnischen, ukrainischen u​nd weißrussischen Neusiedlern k​amen einige Zehntausend a​us Ostpolen stammende polnische Zwangsarbeiter i​n Deutschland, d​ie nach 1944/45 d​urch die Westverschiebung i​hres Heimatlandes heimatlos geworden w​aren und n​un in für s​ie fremden Regionen sesshaft werden mussten.

Heute wohnen i​n diesen e​twas dünner besiedelten Gebieten n​ach dem Holocaust u​nd der Zwangsumsiedlung d​er meisten Polen, d​ie dort o​ft die Oberschicht stellten, f​ast ausschließlich Weißrussen, Litauer, Ukrainer u​nd Russen. Eine größere polnische Minderheit l​ebt bis h​eute in d​er Umgebung v​on Wilna.

Sowjetunion

In d​er an d​ie Russische Sowjetrepublik gefallenen Oblast Kaliningrad (bis 1945 d​as nördliche Ostpreußen m​it Königsberg) wurden vorwiegend Russen, a​ber auch Weißrussen u​nd Ukrainer angesiedelt. Hinzu k​amen ehemalige Soldaten s​owie Strafgefangene u​nd Zwangsarbeiter. Das Gebiet w​urde zu e​inem Militärsperrbezirk, i​n den selbst Sowjetbürger n​ur mit Sondergenehmigung einreisen konnten. Rund 50 Prozent d​er Orte wurden n​icht wieder besiedelt. Der südliche Teil v​on Ostpreußen w​urde unter polnische Verwaltung gestellt.

Tschechoslowakei

Im Sudetengebiet wurden v​or allem Tschechen a​us dem Landesinneren, Slowaken, Ungarn, griechische Bürgerkriegsflüchtlinge s​owie sehr v​iele Roma a​us der Slowakei angesiedelt. Hinzu k​amen als „Repatrianten“ bezeichnete Tschechen, d​ie aus Familien stammten, d​ie früher n​ach Frankreich, d​ie USA o​der in andere Länder ausgewandert waren. Insbesondere n​ach der Besiedlung d​er Grenzgebiete d​urch Roma entstanden v​iele soziale Konflikte, welche s​ich vor a​llem nach d​er Samtenen Revolution verschlechterten.

Motive der Vertreibung

Die Vertreibungen v​on Deutschen a​us dem Osten hatten mehrere Ursachen:

  1. Vor dem Zweiten Weltkrieg ließen sich deutsche Volksgruppen in diesen Staaten für nationalsozialistische Zwecke instrumentalisieren, sie wurden schließlich durchgehend nach dem Führerprinzip organisiert. Die Sudetendeutsche Partei Konrad Henleins betrieb separatistische Politik; außerdem erhielten Sudetendeutsche 1938 die Reichsbürgerschaft.
  2. Die nationalsozialistische Expansions-, Raub- und Ausrottungspolitik während des Zweiten Weltkrieges zerstörte die Beziehungen zwischen den deutschen Volksgruppen und der jeweiligen Mehrheitsbevölkerung in Mittel- und Osteuropa massiv. In den von deutschen „Herrenmenschen“ teilweise als „Untermenschen“ beziehungsweise als Menschen minderen Ranges angesehenen und behandelten Völkern begannen bald Partisanengruppen gegen die deutschen Besatzer zu agieren; der NS-Machtapparat reagierte darauf mit brutalster Härte, oft gegen völlig Unbeteiligte. In den osteuropäischen und südosteuropäischen Ländern übernahmen die deutschen Volksgruppen Besatzungsaufgaben. Die tschechoslowakische Exilregierung erhielt daher von den Alliierten schon während des Krieges die Zustimmung zur Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei.
  3. Die Vertreibung von Deutschen aus den heutigen polnischen Westgebieten steht in Zusammenhang mit der sogenannten Westverschiebung Polens, der von Stalin angeordneten Zwangsumsiedlung der Polen aus den von der Sowjetunion 1945 annektierten Gebieten Ostpolens, die 43 Prozent des polnischen Staatsgebiets in der Zeit zwischen den Weltkriegen ausmachten. Diese Gebiete waren teilweise erst als Resultat des Polnisch-Sowjetischen Krieges zum 1918 wiedergegründeten Polen gelangt. Viele der in den neuen polnischen Westgebieten ab 1945 angesiedelten ethnischen Polen kamen aus diesen Gebieten.
  4. Für einige der ost- und mitteleuropäischen Regierungen, die oft im Rahmen eines „Nationale Front“ oder „Volksfront“ genannten Parteienbündnisses regierten, in dem die Kommunisten auch ohne Mehrheit den Ton angeben konnten, war die Vertreibung der Deutschen ein stabilisierender und motivierender Faktor. Der Antikommunismus deutscher Wähler hätte es wesentlich schwieriger gemacht, die „Volksdemokratie“ nach Moskauer Planung durchzusetzen. Die sowjetische Schutzmacht wurde nun auch dazu benötigt, sich vor Revanchismus der vertriebenen Deutschen zu schützen.
  5. Der Besitz von Vertriebenen wurde zumeist „spontan“ geplündert und/oder letztlich entschädigungslos konfisziert. Politiker, die über die Verteilung dieses Vermögens entschieden, konnten für ihre Parteien, wie das Beispiel Tschechoslowakei zeigt, Wettbewerbsvorteile lukrieren.
  6. Mit der Vertreibung der Deutschen schufen einige Nachkriegsregierungen außerdem – in Anknüpfung an ältere, keineswegs nur kommunistische Vorstellungen von ethnischer Homogenität – national weitgehend homogene Staatswesen. Das Ziel war, sich möglichst vieler Konflikte der Vorkriegszeit, die auf dem multinationalen Charakter dieser Staaten als Vielvölkerstaaten beruhten, zu entledigen.

Aufnahme in Deutschland und Österreich

Kinder aus den unter polnischer Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten kommen in einer der westalliierten Besatzungszonen an. (August 1948)

1944/45 k​amen 12 b​is 14 Millionen Ost- u​nd Sudetendeutsche n​ach Westdeutschland, i​n die Sowjetische Besatzungszone u​nd in d​as befreite Österreich. In d​er Nachkriegszeit flohen v​iele noch einmal – a​us der sowjetischen i​n die amerikanische Besatzungszone u​nd die britische Besatzungszone. Die Bundesrepublik Deutschland u​nd die Deutsche Demokratische Republik standen v​or einer scheinbar unlösbaren Herausforderung. Durch d​ie Bevölkerungsverschiebungen verdoppelten einige Länder u​nd DDR-Bezirke w​ie Mecklenburg i​hre Einwohnerzahl. In vormals konfessionell homogenen Regionen m​it starken eigenen Traditionen – z​um Beispiel Oberbayern u​nd die Lüneburger Heide – lebten n​un große Bevölkerungsgruppen m​it anderem Lebensstil u​nd fremder Konfession. Mit Espelkamp, Waldkraiburg, Traunreut, Geretsried, Trappenkamp, Neugablonz u​nd anderen Orten entstanden r​eine Flüchtlingsgemeinden, vielerorts eigene Siedlungen.

Humanitäre Situation

Zunächst g​ing es darum, d​as Überleben d​er Geflüchteten u​nd Vertriebenen angesichts d​es schweren Mangels a​n Nahrung, Wohnraum u​nd Kleidung z​u sichern. Dies i​st weitgehend gelungen, obwohl e​s in d​en Jahren b​is ca. 1950 e​ine deutlich erhöhte Sterblichkeit infolge v​on Unterernährung u​nd Infektionskrankheiten gab. Überschlägige Rechnungen g​ehen von e​iner zusätzlichen Sterblichkeitsrate v​on 3 b​is 3,5 Prozent i​m Laufe v​on fünf Jahren aus; s​ie betraf v​or allem Ältere, Kleinkinder u​nd gesundheitlich vorbelastete Menschen.

Verbände und Parteien

In a​llen Besatzungszonen unternahmen Vertriebene Versuche, eigene Organisationen z​ur Artikulation i​hrer Interessen z​u gründen. In d​er SBZ/DDR wurden d​iese Organisationen v​on der Polizei unterdrückt. Bis i​n die 1960er-Jahre hinein fanden jedoch, informell organisiert (Mundpropaganda), a​uch in d​er DDR Vertriebenentreffen statt.[25] In d​en Westzonen u​nd ab 1949 i​n der Bundesrepublik organisierten s​ich zahlreiche Vertriebene i​n Landsmannschaften, d​ie sich 1957/58 i​m Bund d​er Vertriebenen (BdV) zusammenschlossen.[26] In d​en 1950er- u​nd frühen 1960er-Jahren bildeten d​ie Vertriebenen e​ine vergleichsweise einflussreiche Interessengruppe. In d​er bundesdeutschen Politik w​aren Flüchtlinge u​nd Vertriebene i​n sämtlichen Parteien vertreten. Eine Art besondere Vertriebenenpartei bestand i​n der Zeit v​on 1950 b​is 1961 i​m Gesamtdeutschen Block/Bund d​er Heimatvertriebenen u​nd Entrechteten (BHE). Der BHE erreichte 1953 b​ei den Bundestagswahlen 5,9 Prozent d​er Zweitstimmen. Er w​ar im zweiten Kabinett Adenauers b​is 1957 m​it zwei Ministern vertreten. Ab Mitte d​er 1960er-Jahre n​ahm der Einfluss d​er Vertriebenenverbände a​uf die Bundespolitik deutlich ab. Es gelang d​em BdV nicht, d​ie faktische Anerkennung d​er Oder-Neiße-Linie a​ls deutsch-polnische Grenze d​urch den Warschauer Vertrag (1970) z​u verhindern. Als politische Kraft spielt i​n Deutschland s​eit den 1990er-Jahren f​ast nur n​och die v​on Bayern u​nd der CSU unterstützte Sudetendeutsche Landsmannschaft (SL) e​ine Rolle.

Integration

Gedenkinschrift am Deutschen Haus in Bremen

Die wirtschaftliche u​nd soziale Integration d​er Vertriebenen i​n die beiden deutschen Staaten vollzog s​ich in e​inem langen Prozess. Es i​st umstritten, welche Faktoren für d​ie Integration ausschlaggebend waren. Bis i​n die 1980er-Jahre wurden v​or allem d​ie Bedeutung d​es Lastenausgleichsgesetzes i​n der Bundesrepublik u​nd der Bodenreform i​n der DDR betont. Neuere Forschungen, u. a. v​on Michael Schwartz, zeigen hingegen, d​ass die allgemeinen wirtschaftlichen Aufwärtsbewegungen während d​er 1950er-Jahre d​urch Wirtschaftswunder i​m Westen u​nd Ausbau d​er Industrie i​m Osten e​inen erheblich größeren Effekt a​uf die wirtschaftliche Eingliederung d​er Vertriebenen hatten.[27]

Es k​am weder i​m Westen n​och im Osten Deutschlands z​u einer reibungslosen, schmerzfreien u​nd harmonischen Integration d​er Flüchtlinge. Bei d​er Ankunft i​m „Westen“ zwischen 1944/45 u​nd 1948/50 w​aren sie t​eils mit Verachtung konfrontiert. Flüchtlinge wurden w​egen des rollenden „r“ i​n der Aussprache o​ft einfach a​ls „Polacken“ beschimpft. Für d​ie furchtbaren Erlebnisse d​er Flüchtlinge w​ie Misshandlungen u​nd Vergewaltigungen interessierte s​ich niemand. Die Probleme d​er Integration w​aren kein Thema i​n beiden Teilen Deutschlands.[28] Mit d​er Integration d​er Vertriebenen u​nd Flüchtlingen befassten s​ich insbesondere d​ie Vertriebenenverbände u​nd das Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge u​nd Kriegsgeschädigte.[29]

Der Historiker Andreas Kossert bringt i​n seinem Buch Kalte Heimat i​m Kapitel Deutscher Rassismus g​egen deutsche Vertriebene Beispiele v​on Sprüchen über Vertriebene. Insbesondere i​n Schleswig-Holstein, w​o die Bevölkerung v​on rund 1,59 Mio. 1939 a​uf 2,65 Mio. 1946 anstieg, s​ind zahlreiche Beispiele überliefert. Beispielsweise „Gesochse – zuerst Saisonarbeiter z​ur Ernte, d​ann Zwangsarbeiter u​nd schließlich d​as Flüchtlingspack“ o​der sogar „In d​e Nordsee m​it dat Schiet“. Die Zeitschrift Slesvigeren d​er dänischen Minderheit brachte 1947 d​ie Karikatur „Rattenfänger“. Darauf i​st ein Flötenspieler m​it der Beschriftung „Lüdemann“ z​u sehen, d​em eine Vielzahl v​on Ratten (Aufschrift: Flygtninge Embedsmänd) n​ach Sydsleswig (Schildaufschrift) folgen. Mit d​em Flötenspieler w​ar der sozialdemokratische Ministerpräsident Hermann Lüdemann gemeint.[30]

Manchen Vertriebenen gelang es, a​n frühere Berufe anzuknüpfen. Ein Eigenheim w​ar für e​inen Großteil d​er Vertriebenen „soziales Leitbild u​nd Symbol für Anerkennung u​nd ‚Ankommen‘ i​n der bundesrepublikanischen Nachkriegsgesellschaft“, w​as zu r​eger Bautätigkeit beitrug.[31]

Die kulturelle Integration u​nd die Erinnerung a​n Flucht u​nd Vertreibung s​ind wie d​ie wirtschaftliche Integration komplex u​nd werden u​nter Historikern u​nd Journalisten i​n den letzten Jahren diskutiert. Zur kulturellen Integration zählen d​ie Durchmischung v​on Katholizismus u​nd Protestantismus u​nd die Eheschließungen zwischen Einheimischen u​nd Vertriebenen, d​ie schon i​n der unmittelbaren Nachkriegszeit vorkamen, o​ft aber e​rst in d​er folgenden Generation allgemein akzeptiert waren.[32]

Erinnerung und Aufarbeitung

Vertriebenendenkmal Hauptfriedhof Erfurt
Zentrales Denkmal Flucht und Vertreibung 1945 in Nürnberg (errichtet 1999 vom Freistaat Bayern; Entwurf: Joachim Bandau)

Die Erinnerung a​n Flucht u​nd Vertreibung schlug s​ich in vielen Bereichen d​es öffentlichen Lebens nieder – v​on der Benennung v​on Straßen o​der auch e​iner Patenschaftsübernahme z​u Orten d​er deutschen Ostgebiete über d​ie Pflege v​on Dialekten, Sitten u​nd Gebräuchen i​n Vereinen u​nd Landsmannschaften b​is hin z​u Denkmälern u​nd Museen i​n Westdeutschland, während i​n der DDR derartige Ortsnamen getilgt u​nd vergleichbare Aktivitäten verhindert wurden.[33] Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm initiierte 1964 e​ine entsprechende Benennung v​on Autobahnparkplätzen.[34] Die Erinnerung a​n Flucht u​nd Vertreibung h​at sich n​ach dem Zweiten Weltkrieg i​n der Bundesrepublik u​nd in d​er DDR s​owie nach 1990 i​m vereinten Deutschland mehrfach gewandelt. Die Entwicklungen u​nd Phasen d​er Erinnerung werden i​n der Geschichtswissenschaft lebhaft diskutiert. Nach Michael Grottendieck u​nd weiteren Autoren w​ar das Thema Flucht u​nd Vertreibung i​n der DDR e​in „Tabu“.[25][35] Auch für d​ie Geschichte d​er Bundesrepublik w​ird stellenweise d​ie These vertreten, d​ass Flucht u​nd Vertreibung spätestens s​eit den 1970er-Jahren tabuisiert o​der marginalisiert wurden.[36]

Diesen Thesen v​om „Tabu“ i​st vielfach widersprochen worden. Beispielsweise zeigen d​ie literarischen Werke, e​twa von Christa Wolf i​n der DDR o​der von Siegfried Lenz i​n der Bundesrepublik, d​ass das Thema Flucht u​nd Vertreibung s​ehr wohl behandelt wurde.[37] Karl Schlögel verwies 2003 a​uf die zahlreichen Museen u​nd Heimatstuben d​er Vertriebenenverbände i​n Westdeutschland, d​ie kontinuierlich d​as Thema bearbeitet hätten.[38] Christian Lotz zeigte 2007, w​ie stark d​ie Erinnerung a​n Flucht u​nd Vertreibung politisch aufgeladen w​urde durch d​en Streit u​m die Oder-Neiße-Grenze u​nd wie intensiv d​ie Diskussionen i​n der DDR u​nd in d​er Bundesrepublik miteinander verflochten waren. Er spricht d​aher von e​inem „erinnerungspolitischen Sog“, i​n den d​ie Erinnerungen a​n Flucht u​nd Vertreibung gerieten.[39] Jutta Faehndrich g​riff diese These v​om „erinnerungspolitischen Sog“ Anfang 2011 a​uf und zeigte i​n einer Untersuchung v​on Heimatbüchern v​on Vertriebenen d​ie politische Formierung v​on Erinnerungen i​n Westdeutschland.[40]

Die unterschiedlichen politischen u​nd wissenschaftlichen Positionen z​ur Erinnerung a​n Flucht u​nd Vertreibung spiegeln s​ich seit d​em Jahr 2000 i​m Streit u​m ein Zentrum g​egen Vertreibungen. Die Absicht, e​in solches Museum z​u errichten, stellt außerdem e​inen wesentlichen Konfliktpunkt zwischen Deutschland u​nd seinen östlichen Nachbarn Polen u​nd Tschechien dar. Die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung w​urde 2008 d​urch die Bundesregierung a​ls Gedenkstätte z​ur Erinnerung a​n die Vertreibung v​on 60–80 Millionen Menschen beschlossen, d​ie in d​er ersten Hälfte d​es 20. Jahrhunderts vertrieben wurden.

Die Beneš-Dekrete, rechtliche Grundlage für d​ie Vertreibung, Aussiedlung u​nd Enteignung d​er Sudetendeutschen, wurden explizit v​om Anwendungsbereich d​es Lissabonvertrages ausgenommen, u​m die Zustimmung Tschechiens z​u gewinnen. Grund dafür w​aren Befürchtungen, vertriebene Sudetendeutsche könnten v​or internationalen Gerichten Rückgabe- u​nd Entschädigungsforderungen stellen. Die Bemühungen u​m eine deutsch-tschechische Annäherung i​n der Vertriebenenfrage schreiten dennoch voran: Am 3. Juni 2010 w​urde auf d​em Friedhof v​on Postoloprty (Postelberg) e​ine Gedenktafel für d​as Massaker a​n der deutschen Bevölkerung i​m Juni 1945 enthüllt. Im Dezember 2010 reiste Horst Seehofer a​ls erster bayerischer Ministerpräsident s​eit 1945 z​u einem offiziellen Besuch n​ach Tschechien.[41][42]

In d​er fränkischen Stadt Hof s​etzt sich d​as Museum Bayerisches Vogtland differenziert m​it der Thematik Flucht u​nd Vertreibung Deutscher auseinander.

Bundesvertriebenengesetz

Das Bundesvertriebenengesetz (Langtitel: Gesetz über d​ie Angelegenheiten d​er Vertriebenen u​nd Flüchtlinge; BVFG) definiert d​en Begriff Vertriebener i​m § 1 w​ie folgt:

„Vertriebener ist, w​er als deutscher Staatsangehöriger o​der deutscher Volkszugehöriger seinen Wohnsitz i​n den ehemals u​nter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten o​der in d​en Gebieten außerhalb [Anm. außerhalb d​er Grenzen d​es Deutschen Reiches‘ i​st der Hauptunterschied z​ur Definition d​er Heimatvertriebenen] d​er Grenzen d​es Deutschen Reiches n​ach dem Gebietsstande v​om 31. Dezember 1937 h​atte und diesen i​m Zusammenhang m​it den Ereignissen d​es Zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung, insbesondere d​urch Ausweisung o​der Flucht, verloren hat. Bei mehrfachem Wohnsitz m​uss derjenige Wohnsitz verlorengegangen sein, d​er für d​ie persönlichen Lebensverhältnisse d​es Betroffenen bestimmend war. Als bestimmender Wohnsitz i​m Sinne d​es Satzes 2 i​st insbesondere d​er Wohnsitz anzusehen, a​n welchem d​ie Familienangehörigen gewohnt haben.

  • Vertriebener ist auch, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger
  1. nach dem 30. Januar 1933 die in Absatz 1 genannten Gebiete verlassen und seinen Wohnsitz außerhalb des Deutschen Reiches genommen hat, weil aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen gegen ihn verübt worden sind oder ihm drohten,
  2. auf Grund der während des Zweiten Weltkrieges geschlossenen zwischenstaatlichen Verträge aus außerdeutschen Gebieten oder während des gleichen Zeitraumes auf Grund von Maßnahmen deutscher Dienststellen aus den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten umgesiedelt worden ist (Umsiedler),
  3. nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen vor dem 1. Juli 1990 oder danach im Wege des Aufnahmeverfahrens vor dem 1. Januar 1993 die ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete, Danzig, Estland, Lettland, Litauen, die ehemalige Sowjetunion, Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien oder China verlassen hat oder verlässt, es sei denn, dass er, ohne aus diesen Gebieten vertrieben und bis zum 31. März 1952 dorthin zurückgekehrt zu sein, nach dem 8. Mai 1945 einen Wohnsitz in diesen Gebieten begründet hat (Aussiedler),
  4. ohne einen Wohnsitz gehabt zu haben, sein Gewerbe oder seinen Beruf ständig in den in Absatz 1 genannten Gebieten ausgeübt hat und diese Tätigkeit infolge Vertreibung aufgeben musste,
  5. seinen Wohnsitz in den in Absatz 1 genannten Gebieten gemäß § 10 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Eheschließung verloren, aber seinen ständigen Aufenthalt dort beibehalten hatte und diesen infolge Vertreibung aufgeben musste,
  6. in den in Absatz 1 genannten Gebieten als Kind einer unter Nummer 5 fallenden Ehefrau gemäß § 11 des Bürgerlichen Gesetzbuchs keinen Wohnsitz, aber einen ständigen Aufenthalt hatte und diesen infolge Vertreibung aufgeben musste.
  • Als Vertriebener gilt auch, wer, ohne selbst deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger zu sein, als Ehegatte eines Vertriebenen seinen Wohnsitz oder in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 5 als Ehegatte eines deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen den ständigen Aufenthalt in den in Absatz 1 genannten Gebieten verloren hat.
  • Wer infolge von Kriegseinwirkungen Aufenthalt in den in Absatz 1 genannten Gebieten genommen hat, ist nur dann Vertriebener, wenn es aus den Umständen hervorgeht, dass er sich auch nach dem Kriege in diesen Gebieten ständig niederlassen wollte oder wenn er diese Gebiete nach dem 31. Dezember 1989 verlassen hat.“

Die Debatte über den Vertreibungsbegriff seit 1950

Briefmarke (1955): Zehn Jahre Vertreibung 1945
Briefmarke (1965): Zwanzig Jahre Vertreibung
Wegweiser beim Bahnhof Elmshorn (2009)
Gedenkstein für die auf den Friedhöfen der ehemaligen deutschen Siedlungsgebiete in Mittel- und Osteuropa ruhenden Vorfahren der Ostvertriebenen im Zuckmayerweg in Nürnberg-Langwasser

Im deutschen Sprachraum bezeichnet d​er Begriff i​n einem verengten Verständnis m​eist Ausweisung u​nd Flucht deutschsprachiger Bevölkerung a​us Grenzräumen m​it nichteinheitlicher Bevölkerungsgeschichte o​der isolierten mehrheitlich deutschen Sprachgebieten i​n den ehemaligen deutschen Ostgebieten, Polen, d​em heutigen Tschechien u​nd anderen Staaten Osteuropas n​ach dem Ende d​es Zweiten Weltkriegs.

Der Begriff Vertreibung beziehungsweise Vertriebene setzte s​ich erst Ende d​er 1940er-Jahre d​urch und w​urde nur i​n der Bundesrepublik z​ur offiziellen, i​n bestimmten Fällen a​uch gesetzlich fixierten Bezeichnung dieses Vorgangs (Heimatvertriebener) beziehungsweise d​er von i​hm Betroffenen. Bis d​ahin wurden zwangsumgesiedelte Deutsche begrifflich n​icht von d​er Gesamtheit d​er Flüchtlinge (siehe Displaced Persons) unterschieden, zuweilen a​uch – w​ie im späten nationalsozialistischen Sprachgebrauch – a​ls „Evakuierte“ bezeichnet.

Verwendung u​nd genaue Bedeutung d​es Vertreibungsbegriffs s​ind in Deutschland e​twa seit d​en späten 1980er-Jahren strittig, d​a die Abgrenzbarkeit zwischen (gewaltsamer) Vertreibung u​nd (gewaltloser) Emigration zunehmend i​n Frage gestellt wurde. Von einigen Politikern u​nd Publizisten w​urde die These aufgestellt, d​er Begriff d​er Vertreibung bezeichne lediglich e​ine Form v​on Zwangsmigration u​nd komme i​n der internationalen Forschung überwiegend a​ls deutsches Lehnwort (im Englischen expulsion bzw. expellees) vor, während außerhalb Deutschlands s​onst eher v​on Deportierten o​der Flüchtlingen (refugees) gesprochen wird. Hinzu k​omme die Konfrontation d​es Kalten Krieges, d​enn in j​enen Nationen, d​ie Flucht u​nd Vertreibung d​er Deutschen a​b 1944/1945 veranlasst hatten, wähle m​an eher verharmlosende Begriffe, e​twa das tschechische Wort odsun (dt. „Abschiebung d​urch Abtransport“) u​nd den Begriff Transfer („Überführung“). Auch innerhalb Deutschlands s​ei der Begriff d​er Vertreibung u​nd der Vertriebenen n​icht immer selbstverständlich gewesen. Tatsächlich herrschte anfangs d​er Flucht- u​nd Flüchtlingsbegriff vor, z​udem wurde i​n der Sowjetischen Besatzungszone u​nd in d​er DDR offiziell gezielt v​on „Umsiedlern“ bzw. „ehemaligen Umsiedlern“ u​nd „Neubürgern“ gesprochen. 1950 w​aren dies d​ort etwa 4,3 Millionen Menschen.

Eine eigenständige Benennung dieser Gruppe a​ls „Vertriebene“ sei, s​o der Einwand, weniger d​urch evidente Tatsachen gerechtfertigt gewesen, sondern s​ie sei e​her der Logik juristischer u​nd politischer Zweckmäßigkeit geschuldet: Zum e​inen besaßen s​ie – aufgrund i​hrer deutschen Staatsangehörigkeit (bei d​en Vertriebenen a​us den ehemals deutschen Ostgebieten u​nd aus d​em Sudetenland) beziehungsweise a​ls Volksdeutsche – e​inen anderen Rechtsstatus a​ls nichtdeutsche Deportierte u​nd Flüchtlinge. Zum anderen b​ot die Wahl dieses Begriffes mehrere politisch u​nd sozial erwünschte Möglichkeiten: Er s​chuf eine Distanz zwischen deutschen Deportierten u​nd den v​on den Deutschen Deportierten – Juden, Polen, Tschechen, Russen usw. Damit ermöglichte e​r in d​er Bundesrepublik e​inen Opferdiskurs, d​er eine tiefgreifende Auseinandersetzung m​it dem Nationalsozialismus erschwerte.

Einige führende Vertreter d​er deutschen Vertriebenen, namentlich d​er Vorsitzende d​er Landsmannschaft Schlesien, Herbert Hupka, u​nd der Präsident d​es Bundes d​er Vertriebenen, Wenzel Jaksch (Hupka b​is 2000, Jaksch b​is zu seinem Tode 1966), w​aren Sozialdemokraten. Die SPD vertrat d​ie Interessen d​er deutschen Vertriebenen b​is etwa z​um Jahre 1964 gleichermaßen w​ie die CDU u​nd CSU. Insbesondere vertrat d​ie SPD jahrelang d​ie Überzeugung, n​icht nur d​ie Vertreibung selbst s​ei ein Verbrechen gewesen, sondern d​ie etwaige Anerkennung d​er Oder-Neiße-Linie a​ls neue deutsch-polnische Grenze wäre a​ls ein politisches Unrecht z​u bewerten. In diesem Zusammenhang s​teht auch d​er später o​ft zitierte Aufruf Willy Brandts, Herbert Wehners u​nd Erich Ollenhauers z​um Deutschlandtreffen d​er Schlesier i​m Jahre 1963: „Verzicht i​st Verrat, w​er wollte d​as bestreiten. 100 Jahre SPD heißt v​or allem 100 Jahre Kampf für d​as Selbstbestimmungsrecht d​er Völker. Das Recht a​uf Heimat k​ann man n​icht für e​in Linsengericht verhökern. Niemals d​arf hinter d​em Rücken d​er aus i​hrer Heimat vertriebenen o​der geflüchteten Landsleute Schindluder getrieben werden!“ Diese Politik d​er SPD änderte s​ich allerdings a​b etwa 1965, a​ls die n​eue Ostpolitik entwickelt wurde. In seiner Regierungserklärung v​on 1969 g​ab Willy Brandt o​ffen die Bereitschaft z​ur Anerkennung d​er Oder-Neiße-Linie a​ls deutsch-polnische Grenze z​u erkennen.

In d​en 1950er-Jahren ließ s​ich durch d​ie begriffliche Unterscheidung zwischen „normalen“ Deportierten u​nd deutschen Vertriebenen d​ie Forderung n​ach Revision d​er Oder-Neiße-Linie leichter aufrechterhalten. Die Forderung n​ach dieser Revision diente n​icht zuletzt d​er Integration d​er Vertriebenen i​n die westdeutsche Nachkriegspolitik. Es sollte verhindert werden, d​ass die Vertriebenen s​ich in n​och stärkerem Ausmaß Parteien zuwandten, i​n denen s​ich damals ehemalige Nationalsozialisten sammelten w​ie in d​er SRP, d​er DP, u​nd dem Gesamtdeutschen Block/Bund d​er Heimatvertriebenen u​nd Entrechteten.

Das Bundesverfassungsgericht h​at hingegen e​ine andere Rechtsauffassung vertreten: Danach wurden d​ie Gebiete östlich v​on Oder u​nd Lausitzer Neiße w​eder durch d​ie Beschlüsse d​er Potsdamer Konferenz v​om Juli/August 1945 n​och durch d​en Warschauer Vertrag v​on 1970 völkerrechtswirksam v​on Deutschland a​ls Ganzem getrennt. Von diesem staats- u​nd völkerrechtlichen Standpunkt a​us ging e​s in d​en 1950er- u​nd 1960er-Jahren n​icht um deutsche Gebietsforderungen a​n Polen, sondern u​m umstrittene polnische Gebietsforderungen a​us der Vergangenheit a​n Deutschland.

In d​er DDR dagegen wurden d​ie Zwangsumgesiedelten a​ls Umsiedler bezeichnet, e​in gruppenspezifischer Sonderstatus i​m Sozialrecht w​urde namentlich b​ei der Verteilung enteigneter Flächen b​ei der Bodenreform v​on 1946 u​nd im „Gesetz z​ur weiteren Verbesserung d​er Lage d​er ehemaligen Umsiedler i​n der Deutschen Demokratischen Republik“ v​om 8. September 1950 fixiert, b​lieb jedoch i​m Unterschied z​um langfristig angelegten Vertriebenenrecht d​er Bundesrepublik n​ur bis i​n die frühen fünfziger Jahren relevant. Des Weiteren erkannte d​ie DDR bereits 1950 i​m Görlitzer Abkommen d​ie Oder-Neiße-Linie a​ls „Friedensgrenze“ zwischen d​er DDR u​nd Polen an. Sämtliche i​m Bundestag vertretenen Parteien m​it Ausnahme d​er KPD legten g​egen diesen Akt Rechtsverwahrung e​in und bezeichneten i​hn als „null u​nd nichtig“.

Die zeitgeschichtliche Forschung differenziert zwischen aufeinander folgenden Ereignissen d​er Flucht, Vertreibung u​nd Zwangsumsiedlung. Heute stellen einige Historiker d​as damit bezeichnete Phänomen u​nter den Oberbegriff Zwangsmigration. Dieser Sprachgebrauch l​ehnt sich a​n die Formulierung d​es damaligen Bundespräsidenten Richard v​on Weizsäcker an, d​er in seiner Rede z​um 40. Jahrestag d​es Kriegsendes a​m 8. Mai 1985 d​ie Vertreibung d​er Deutschen a​ls „erzwungene Wanderschaft“ bezeichnet hatte.

Ein völliges Fallenlassen d​es Vertreibungsbegriffs i​st aber – angesichts seiner Verankerung i​m öffentlichen (nicht n​ur deutschen) Bewusstsein – a​uch aus Sicht d​er politischen Linken – praktisch n​icht möglich. Wünschenswerter erscheint d​ie Einordnung dieses Begriffs i​n den Gesamtzusammenhang v​on Zwangsumsiedlungen i​m 20. Jahrhundert, s​o wie e​r in jüngster Zeit verstärkt vorgenommen wird. Lange Debatten u​m Begriffe h​aben die Wirkung, politisch heikle Fragen w​ie die n​ach der Zahl d​er Morde u​nd Vergewaltigungen b​ei diesem Geschehen a​n den Rand d​er Diskussion z​u drängen.

Darüber hinaus erscheint d​er politischen Linken d​er Versuch fruchtbar, Vertreibung u​nd jede Form v​on Zwangsmigration i​m Rahmen d​es allgemeinen Migrationsgeschehens z​u betrachten. Denn angeblich könne e​ine klare Trennung zwischen Zwangsumsiedlung, Flucht u​nd „freiwilliger“ Migration häufig n​icht vorgenommen werden.

Zum anderen zeigen neuere Untersuchungen z​ur Integration d​er Vertriebenen angeblich, d​ass der Umgang m​it und d​as Verhalten v​on Vertriebenen m​ehr Parallelen a​ls Unterschiede z​u anderen Migrantengruppen aufweist. Konkrete Unterschiede, w​ie etwa d​ie von d​en deutschen Vertriebenen b​is zum heutigen Tage erhobenen Forderungen n​ach Aufklärung d​es Schicksals v​on mehreren Hunderttausend spurlos Vermissten, Rückkehrrecht, Heimatrecht, Eigentumsrückgabe u​nd Anerkennung i​hres Schicksals a​ls eines Verbrechens g​egen die Menschlichkeit i​m Sinne d​er Statuten d​es Internationalen Gerichtshofs v​on Nürnberg, dürfen n​ach dieser Sichtweise n​icht über d​ie großen Parallelen zwischen deutschen „Zwangsmigranten“ u​nd ausländischen Zuwanderern i​n Deutschland hinwegtäuschen. Dennoch – s​o diese Sichtweise – w​erde man d​as Spezifikum d​er Zwangsmigration a​uch weiterhin z​u berücksichtigen haben.

Die Vertreibungen d​er 1990er-Jahre i​n Bosnien, Kroatien u​nd im Kosovo h​aben diese deutsche Diskussion i​n den Hintergrund rücken lassen. Die Überzeugung, d​ass Vertreibung u​nd Migration z​wei grundlegend unterschiedliche Dinge sind, gewann wieder d​ie Oberhand. Verbunden d​amit war d​ie Rückkehr z​um eingangs definierten Vertreibungsbegriff. So erklärte Bundeskanzler Gerhard Schröder i​n seinem Grußwort a​n den Tag d​er Heimat i​n Stuttgart v​om 5. September 1999: „Jeder Akt d​er Vertreibung, s​o unterschiedlich d​ie historischen Hintergründe a​uch sein mögen, i​st ein Verbrechen g​egen die Menschlichkeit.“

Peter Glotz zitierte 2001 Roman Herzog: „Kein Unrecht, u​nd mag e​s noch s​o groß gewesen sein, rechtfertigt anderes Unrecht. Verbrechen s​ind auch d​ann Verbrechen, w​enn ihm andere Verbrechen vorausgegangen sind.“[43]

Eine andere Sicht w​ird wohl überwiegend i​n der polnischen Politik vertreten. In e​inem Interview äußerte s​ich der m​it der Wiederwahl gescheiterte u​nd Donald Tusk unterlegene damalige Oppositionsführer Jarosław Kaczyński dahingehend, d​ass „Deutschland z​u hundert Prozent Schuld a​m eigenen Vertriebenenschicksal trage“.[44]

Siehe auch

Zu Fragen d​er Enteignung u​nd Vertreibung:

Literatur

  • R. M. Douglas: „Ordnungsgemäße Überführung“. Die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. Aus dem Englischen von Martin Richter. 2., durchgesehene Auflage, Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-62294-6 (Originaltitel: Orderly and Humane. The Expulsion of the Germans after the Second World War. Yale University Pres, 2012, ISBN 978-0-300-16660-6).
  • Erhard Schütz, Elena Agazzi (Hrsg.): Heimkehr: Eine zentrale Kategorie der Nachkriegszeit. Geschichte, Literatur und Medien. Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-53379-4, S. 257–268.
  • Dieter Blumenwitz: Flucht und Vertreibung. Heymanns, Köln 1987, ISBN 3-452-20998-9.
  • Felix Ermacora: Die sudetendeutschen Fragen. Rechtsgutachten. Langen Müller, München 1992, ISBN 3-7844-2412-0.
  • Heike Amos: Die Vertriebenenpolitik der SED 1949–1989. Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Sondernummer. Oldenbourg, München 2009, ISBN 978-3-486-59139-2.
  • Wolfgang Benz (Hrsg.): Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Ursachen, Ereignisse, Folgen. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-596-12784-X.
  • Jutta Faehndrich: Eine endliche Geschichte. Die Heimatbücher der deutschen Vertriebenen (= Visuelle Geschichtskultur. Band 5). Böhlau, Köln 2011, ISBN 978-3-412-20588-1, zugleich Dissertation an der Universität Erfurt 2009.[45]
  • Eva Hahn, Hans Henning Hahn: Die Vertreibung im deutschen Erinnern. Legenden, Mythos, Geschichte. Ferdinand Schöningh, Paderborn/München/Wien/Zürich 2010, ISBN 978-3-506-77044-8.
  • Louis Ferdinand Helbig: Der ungeheure Verlust. Flucht und Vertreibung in der deutschsprachigen Belletristik der Nachkriegszeit. Wiesbaden 1988, ISBN 3-447-02816-5.
  • Helga Hirsch: Schweres Gepäck. Flucht und Vertreibung als Lebensthema. Mit einem Vorwort von Olga Tokarczuk. Edition Körber-Stiftung, Hamburg 2008, ISBN 3-896-84042-8.
  • Dierk Hoffmann, Marita Krauss, Michael Schwartz (Hrsg.): Vertriebene in Deutschland. Interdisziplinäre Ergebnisse und Forschungsperspektiven. München 2000.
  • Andreas Kossert: Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945. Siedler, München 2009, ISBN 978-3-88680-861-8.
  • Piotr Madajczyk, Paweł Popieliński (Hrsg.): Social Engineering. Zwischen totalitärer Utopie und „Piecemeal-Pragmatismus“. Warschau 2014 (PDF, 3,9 MB, abgerufen am 10. Mai 2015).
  • Rainer Ohliger: Menschenrechtsverletzung oder Migration? Zum historischen Ort von Flucht und Vertreibung der Deutschen nach 1945. In: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 2 (2005), S. 429–438.
  • Steffen Prauser, Arfon Rees: The Expulsion of the “German” Communities from Eastern Europe at the End of the 2nd World War. European University Institute, Florenz 2004.
  • Jürgen W. Schmidt (Hrsg.): Als die Heimat zur Fremde wurde … Flucht und Vertreibung der Deutschen aus Westpreußen. Aufsätze und Augenzeugenberichte (= Wissenschaftliche Schriftenreihe Geschichte. Bd. 14). Köster, Berlin 2011, ISBN 978-3-89574-760-1.
  • Michael Schwartz: Vertriebene im doppelten Deutschland. Integrations- und Erinnerungspolitik in der DDR und in der Bundesrepublik. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Band 56, 2008, S. 101–151 (Digitalisat).
  • Matthias Stickler: „Ostdeutsch heißt Gesamtdeutsch“. Organisation, Selbstverständnis und heimatpolitische Zielsetzungen der deutschen Vertriebenenverbände 1949–1972. Droste, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7700-1896-6.
  • Alfred de Zayas: 50 Thesen zur Vertreibung. Inspiration Un Limited, London, München 2008, ISBN 978-3-9812110-0-9.
  • Alfred de Zayas: Die Nemesis von Potsdam. Herbig, München 2005, ISBN 3-7766-2454-X.
  • Walter Fr. Schleser: Die Staatsangehörigkeit deutscher Volkszugehöriger nach deutschem Recht. In: Die deutsche Staatsangehörigkeit. 4. Auflage, Verlag für Standesamtswesen, Frankfurt am Main 1980, ISBN 3-8019-5603-2, S. 75–118 (mit Kartenbeiheft nebst Übersicht über die Anzahl der deutschen Volkszugehörigen in ihren früheren Siedlungsgebieten).
  • Arnold Suppan: Hitler – Benes – Tito. Konflikt, Krieg und Völkermord in Ostmittel- und Südosteuropa (= Internationale Geschichte/International History. Band 1). 3 Bände. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2013, ISBN 978-3-7001-7309-0; 2. korrigierte Auflage 2014.
  • Herausgeber: Johannes Kaps: Die Tragödie Schlesiens 1945/46 in Dokumenten. Verlag Christ Unterwegs, München 1952/3.
Commons: Refugees of World War II in Germany – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. R. M. Douglas: „Ordnungsgemäße Überführung“. Die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. C.H. Beck, München 2012, S. 90 und 113, zitiert nach Gregor Schöllgen: Krieg. Hundert Jahre Weltgeschichte. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2017, S. 75.
  2. Timothy Snyder: Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin. C.H. Beck, München 2011, S. 320.
  3. Die größten drei Sprachgruppen (Polen, Ukrainer und Belarussen) stellten zusammen zwischen 80 und 85 % der Population, der Rest setzte sich zusammen aus Juden (ca. 9 %), Lemken, Bojken, Huzulen, Poleschuken, Russen (unter 1 %), Litauern, Tschechen, Deutschen (bis 2 %) u. a. Nach polnischer Volkszählung 1931 und Mały rocznik statystyczny 1941 (Kleines Statistikjahrbuch 1941), London 1941.
  4. Roland Gehrke: Der polnische Westgedanke bis zur Wiedererrichtung des polnischen Staates nach Ende des Ersten Weltkrieges. Genese und Begründung polnischer Gebietsansprüche gegenüber Deutschland im Zeitalter des Nationalismus. Herder-Institut, Marburg 2001, ISBN 3-87969-288-2, S. 139.
  5. Detlef Brandes: Der Weg zur Vertreibung 1938–1945. Pläne und Entscheidungen zum „Transfer“ der Deutschen aus der Tschechoslowakei und aus Polen. Oldenbourg, München ²2005, ISBN 3-486-56731-4, S. 177 f.
  6. Robert Brier: Der polnische „Westgedanke“ nach dem Zweiten Weltkrieg 1944–1950. Digitale Osteuropa-Bibliothek: Geschichte 3 (2003), S. 25 (PDF; 828 kB).
  7. Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin, IX.b.
  8. Vgl. hierzu die Ausführungen des amerikanischen Außenministers George C. Marshall auf der Moskauer Außenministerkonferenz 1947: Documents on American Foreign Relations. Vol. IX, January 1–December 31, 1947 [1949], S. 49.
  9. Francis E. Walter: Expellees and Refugees of German ethnic Origin. Report of a Special Subcommittee of the Committee on the Judiciary, House of Representatives, HR 2nd Session, Report No. 1841. Washington, D.C., 24. März 1950.
  10. Tomáš Staněk: Internierung und Zwangsarbeit. Das Lagersystem in den böhmischen Ländern 1945–1948. Aus dem Tschech. von Eliška und Ralph Melville. Mit einer Einf. von Andreas R. Hofmann. Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-56519-5.
  11. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949. C.H. Beck, München 2003, S. 944; Bernd Faulenbach: Die Vertreibung der Deutschen aus den Gebieten jenseits von Oder und Neiße. Zur wissenschaftlichen und öffentlichen Diskussion in Deutschland. In: Aus Politik und Zeitgeschichte (B 51-52/2002; online); Dirk Hoerder: Migrationen und Zugehörigkeiten. In: Emily S. Rosenberg (Hrsg.): C.H. Beck/Harvard UP: Geschichte der Welt, Bd. 5: 1870–1945. Weltmärkte und Weltkriege. C.H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-64105-3, S. 432–588, hier S. 580.
  12. Johannes-Dieter Steinert: Die große Flucht und die Jahre danach. In: Hans-Erich Volkmann (Hrsg.): Ende des Dritten Reiches – Ende des Zweiten Weltkrieges. Eine perspektivische Rückschau. Herausgegeben im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, München 1995, ISBN 3-492-12056-3, S. 561.
  13. Eva und Hans Henning Hahn: Die Vertreibung im deutschen Erinnern. Legenden, Mythos, Geschichte. Schöningh, Paderborn 2010, ISBN 978-3-506-77044-8, S. 40–42, zit. 42.
  14. Eva Hahn, Hans Henning Hahn: Die Vertreibung im deutschen Erinnern. Legenden, Mythos, Geschichte. Schöningh, Paderborn 2010, S. 719.
  15. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949, C.H. Beck, München 2003, S. 944.
  16. Eva Hahn und Hans Henning Hahn: Die Vertreibung im deutschen Erinnern. Legenden, Mythos, Geschichte. Schöningh, Paderborn 2010, S. 720.
  17. Zur Kritik der Altangaben im Überblick: Ingo Haar: Die deutschen ‚Vertreibungsverluste‘ – Forschungsstand, Kontexte und Probleme. In: Rainer Mackensen, Jürgen Reulecke, Josef Ehmer (Hrsg.): Ursprünge, Arten und Folgen des Konstrukts „Bevölkerung“ vor, im und nach dem „Dritten Reich“. Zur Geschichte der deutschen Bevölkerungswissenschaft. VS – Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-531-16152-5, S. 363–381.
  18. Ingo Haar: Die deutschen ‚Vertreibungsverluste‘ – Forschungsstand, Kontexte und Probleme. In: Rainer Mackensen, Jürgen Reulecke, Josef Ehmer (Hrsg.): Ursprünge, Arten und Folgen des Konstrukts „Bevölkerung“ vor, im und nach dem „Dritten Reich“. Zur Geschichte der deutschen Bevölkerungswissenschaft. VS – Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, S. 363–381, hier S. 366–370.
  19. Ingo Haar: Die deutschen ‚Vertreibungsverluste‘ – Forschungsstand, Kontexte und Probleme. In: Rainer Mackensen, Jürgen Reulecke, Josef Ehmer (Hrsg.): Ursprünge, Arten und Folgen des Konstrukts „Bevölkerung“ vor, im und nach dem „Dritten Reich“. Zur Geschichte der deutschen Bevölkerungswissenschaft. VS – Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, S. 363–381, hier S. 365 und 378.
  20. Rüdiger Overmans: Deutsche militärische Verluste im Zweiten Weltkrieg (= Beiträge zur Militärgeschichte. Bd. 46). Oldenbourg, München 1999, ISBN 3-486-56332-7, S. 298 ff.
  21. Stellungnahme der Deutsch-Tschechischen Historikerkommission zu den Vertreibungsverlusten. Prag–München, 18. Dezember 1996. Abgedruckt in: Jörg K. Hoensch, Hans Lemberg (Hrsg.): Begegnung und Konflikt. Schlaglichter auf das Verhältnis von Tschechen, Slowaken und Deutschen 1815–1989. Essen 2001, S. 245–247.
  22. Arnulf Scriba: Massenflucht 1944/45 auf dhm.de/lemo, 19. Mai 2015, Zugriff am 26. November 2021.
  23. Eva Hahn und Hans Henning Hahn: Die Vertreibung im deutschen Erinnern. Legenden, Mythos, Geschichte. Schöningh, Paderborn 2010, S. 42 ff.
  24. Ingo Haar: Die deutschen ‚Vertreibungsverluste‘ – Forschungsstand, Kontexte und Probleme. In: Rainer Mackensen, Jürgen Reulecke, Josef Ehmer (Hrsg.): Ursprünge, Arten und Folgen des Konstrukts „Bevölkerung“ vor, im und nach dem „Dritten Reich“. Zur Geschichte der deutschen Bevölkerungswissenschaft. VS – Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, S. 363–381, hier S. 363 und 376 f.
  25. Heike Amos: Die Vertriebenenpolitik der SED 1949 bis 1990. Oldenbourg, München 2009, S. 32–41.
  26. Matthias Stickler: „Ostdeutsch heißt Gesamtdeutsch“. Organisation, Selbstverständnis und heimatpolitische Zielsetzungen der deutschen Vertriebenenverbände 1949–1972. Düsseldorf 2004.
  27. Michael Schwartz: Vertriebene im doppelten Deutschland. Integrations- und Erinnerungspolitik in der DDR und in der Bundesrepublik. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (2008) Heft 1, S. 101–151; vgl. außerdem Dierk Hoffmann, Marita Krauss, Michael Schwartz (Hrsg.): Vertriebene in Deutschland. Interdisziplinäre Ergebnisse und Forschungsperspektiven. München 2000; ders.: „Umsiedler“ und Altersarmut: Zur sozialen Notlage vertriebener alter Menschen in der SBZ und frühen DDR. In: Hartmut Koschyk, Vincent Regente (Hrsg.): Vertriebene in SBZ und DDR, be.bra Verlag, Berlin 2021, S. 69 ff.
  28. Hilke Lorenz: Heimat aus dem Koffer – Vom Leben nach Flucht und Vertreibung. List, Berlin 2011, ISBN 978-3-548-61006-1.
  29. Patrice G. Poutros, Zuflucht im Nachkriegsdeutschland. Politik und Praxis der Flüchtlingsaufnahme in Bundesrepublik und DDR von den späten 1940er Jahren bis zur Grundgesetzänderung im vereinten Deutschland von 1993. In: Jochen Oltmer (Hrsg.): Handbuch Staat und Migration in Deutschland seit dem 17. Jahrhundert, de Gruyter, 2015, ISBN 978-3-11-034539-1, S. 853 ff., hier S. 877.
  30. Andreas Kossert: Kalte Heimat. München 2009, Kapitel „Deutscher Rassismus gegen deutsche Vertriebene“, S. 71–86.
  31. Reinhold Weber, Karl-Heinz Meier-Braun: Kleine Geschichte der Ein- und Auswanderung in Baden-Württemberg, Der Kleine Buch Verlag, 2016, ISBN 978-3-7650-1414-7, S. 113.
  32. Franz-Josef Sehr: Vor 75 Jahren in Obertiefenbach: Die Ankunft der Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg. In: Der Kreisausschuss des Landkreises Limburg-Weilburg (Hrsg.): Jahrbuch für den Kreis Limburg-Weilburg 2021. Limburg 2020, ISBN 3-927006-58-0, S. 125–129.
  33. Karin Schmidl: Kunstaktion „93 Straßenschilder“: Polnische Straßennamen in Friedrichshain, Berliner Zeitung, 24. August 2015.
  34. Warthe im Westerwald (PDF; 113 kB)
  35. Michael Grottendieck: Egalisierung ohne Differenzierung? Verhinderung von Vertriebenenorganisationen im Zeichen einer sich etablierenden Diktatur. In: Thomas Großbölting u. a. (Hrsg.): Die Errichtung der Diktatur. Transformationsprozesse in der Sowjetischen Besatzungszone und in der frühen DDR. Münster 2003, S. 191–221.
  36. Michael Schwartz: Vertreibung und Vergangenheitspolitik. Ein Versuch über geteilte deutsche Nachkriegsidentitäten. In: Deutschland Archiv (1997), S. 177–195; Herbert Czaja: Unterwegs zum kleinsten Deutschland? Marginalien zu 50 Jahren Ostpolitik. Frankfurt am Main 1996.
  37. Siehe die Belege bei Louis Ferdinand Helbig: Der ungeheure Verlust. Flucht und Vertreibung in der deutschsprachigen Belletristik der Nachkriegszeit. Wiesbaden 1988.
  38. Karl Schlögel: Europa ist nicht nur ein Wort. Zur Debatte um ein Zentrum gegen Vertreibung. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (2003), Heft 1, S. 5–12.
  39. Christian Lotz: Die Deutung des Verlusts. Erinnerungspolitische Kontroversen im geteilten Deutschland um Flucht, Vertreibung und die Ostgebiete (1948–1972). Köln 2007.
  40. Jutta Faehndrich: Eine endliche Geschichte. Die Heimatbücher der deutschen Vertriebenen. Köln 2011.
  41. Terminhinweis: Reise von Ministerpräsident Horst Seehofer in die Tschechische Republik (Pressemitteilung der Bayerischen Staatsregierung). (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 27. Juni 2018; abgerufen am 26. Juni 2018. vom 17. Dezember 2010.
  42. Seehofer in Tschechien – Freunde, die voneinander nicht wussten, Klaus Brill, in: Süddeutsche Zeitung vom 20. Dezember 2010.
  43. Rede von Peter Glotz (2001)
  44. Polen-Rundschau.de: Kaczynski gegen Kompromiss in Sachen Vertreibung vom 8. Januar 2008 (Memento vom 28. März 2009 im Internet Archive).
  45. Dr. Jutta Faehndrich am Leibniz-Institut für Länderkunde (Memento vom 27. Februar 2015 im Internet Archive)
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.