Denkmal
Ein Denkmal (Mehrzahl: Denkmäler oder Denkmale) ist im allgemeinen Sprachgebrauch dem Duden gemäß:[1]
- entweder eine „zum Gedächtnis an eine Person oder ein Ereignis errichtete, größere plastische Darstellung; ein Monument“ (→ Denkmal (Gedenken))
- Hierunter fallen beispielhaft Statue, Reiterstandbild, Monument, Ehrenmal, Kriegerdenkmal, Mahnmal, Triumphbogen
- oder ein „erhaltenes [Kunst]werk, das für eine frühere Kultur Zeugnis ablegt“ (→ Denkmal (Zeugnis))
- Hierunter fallen beispielhaft Kunstwerk, Kulturgut, UNESCO-Welterbe, Kulturdenkmal, Baudenkmal, Bodendenkmal
Als „Zeugnis der kulturellen Entwicklung der Menschheit“[2] kann ihm im Rahmen einer Erinnerungskultur aus künstlerischer, historischer, politischer, technischer, städtebaulicher oder landschaftsgestalterischer Sicht ein besonderer Wert zugesprochen werden. Wenn an seiner Erhaltung ein institutionelles öffentliches Interesse besteht, kann es unter Denkmalschutz gestellt werden. In diesem Sinne kann auch Ersteres zusätzlich zu Zweiterem erklärt werden, also ein Reiterstandbild zu einem geschützten Baudenkmal erklärt werden.
Das Naturdenkmal kann nur dann ein Denkmal im beschriebenen Sinn sein, „das für eine frühere Kultur Zeugnis ablegt“, wenn es sich ursprünglich um ein von Menschen angelegtes Werk der Gartenkunst handelte oder um einen gepflanzten Baum mit gestaltetem Umfeld für die Erinnerungskultur, wie zum Beispiel eine Kaisereiche. Im Kontext der Gartenkunst befasste sich etwa Christian Cay Lorenz Hirschfeld mit der Funktion und Ästhetik von Denkmälern.[3]
Begriffsgeschichte
Das Wort Denkmal lässt sich erstmals in den Schriften Martin Luthers nachweisen, wo es die Bedeutung „Gedächtnisstütze“ hat. Luther verwendet es als Übersetzung für das griechische mnemosynon und das lateinische monumentum (lat. monēre = „gemahnen“, „erinnern“). Der Begriff bürgerte sich ohne eine allgemeingültige Definition ein und konnte im Extremfall jeden Gegenstand bezeichnen, der ein allgemeineres Interesse auf sich zieht.[4] Bis ins 19. Jahrhundert wurde die Bezeichnung synonym mit Monument verwendet, während heute mit letzterem vor allem Denkmäler besonderer Größe bezeichnet werden (so bezeichnet das Adjektiv monumental heute in erster Linie gewaltige und eindrucksvolle Objekte). Auch im heutigen Sprachgebrauch kann die Definition je nach Fachbereich und Betrachtungsweise unterschiedlich sein. Während beispielsweise in der Kunstgeschichte zum Zweck der Erinnerung geschaffene Werke als Denkmal bezeichnet werden, verwendet der Denkmalschutz einen gänzlich anderen Denkmalbegriff.
Begriffsdefinition
Es gibt im deutschen Sprachgebiet keinen einheitlichen und verbindlichen Denkmalbegriff. In der Literatur wird stets die Heterogenität des Begriffs hervorgehoben.[5] Die geisteswissenschaftlichen und kunsthistorischen Grundlagen des Denkmalbegriffs sind äußerst vielfältig und disparat. Namen wie Georg Dehio, Alois Riegl, Max Dvorak, Tilmann Breuer, Georg Mörsch, Willibald Sauerländer, Wilfried Lipp und andere stehen hierfür.
Seit dem frühen 19. Jahrhundert wird der Begriff Denkmal unterteilt in ein Denkmal im engeren Sinne und ein Denkmal im weiteren Sinne. Das Conversations-Lexikon oder Enzyklopädisches Handbuch für gebildete Stände von 1816 begründete diese Differenzierung, die über Alois Riegl bis in die heutige Wissenschaftsliteratur tradiert wurde.[6] Dabei wird als Denkmal im weiteren Sinne ein kulturgeschichtlich bedeutsamer Gegenstand und als Denkmal im engeren Sinne ein für eine Person oder Ereignis errichtetes Erinnerungsmal bezeichnet.[7] Mit den Worten Gustav Droysens ist dies eine Unterscheidung von Denkmälern aus der Zeit und für die Zeit.[8] Zugleich zeigt sich in dieser Unterscheidung unser Umgang mit der Vergangenheit (Denkmal im weiteren Sinne) und welche Folgerungen daraus, im Sinne der Erinnerungskultur, für die Zukunft geschlossen werden (Denkmal im engeren Sinne).
Die Brockhaus-Enzyklopädie bezeichnet als Denkmal „im engeren Sinn ein zur Erinnerung an bestimmte Personen oder Ereignisse errichtetes Werk der Bau- oder Bildhauerkunst.“[9] Genauer formuliert das Lexikon der Kunst zum Denkmal im engeren Sinn „jedes bewusst mit der Absicht der Wahrung des Andenkens an Personen oder Ereignisse errichtete architekton[ische] oder plast[ische] Werk. D[enkmäler] propagieren meist die herrschenden Ideen und führenden Persönlichkeiten der jeweiligen hist[orischen] Formation b[e]z[iehungs]w[eise] ihrer einzelnen Perioden und entfalten deshalb eine aktive gesellschaftspolit[ische] Wirksamkeit.“[2]
Denkmäler sind Ausdruck eines Zeitgeistes, sie „vergegenwärtigen unser Erbe, konfrontieren uns mit einer fortwirkenden Vergangenheit, die – beharrlich, unbarmherzig, bisweilen auch versöhnlich – in unsere Gegenwart hineinragt“.[10] Sie sind bis zur Demokratisierung Deutschlands als Verbindungsglied zwischen herrschender Klasse und Bürgerschicht zu verstehen. Dem Volk wurden vorherrschende Ideale vermittelt und die „oberen Schichten“ sahen sich durch Denkmäler an „Fürsorgepflichten“ gebunden.[11] Erst die Demokratisierung nach 1945 – die Zeit der Weimarer Republik einmal ausgenommen, in welcher kaum Denkmäler entstanden –, und die damit verbundene Übergabe der Macht an das Volk, führten herrschende Klasse und Volk zusammen und lösten diese Verbindung einer „Fürsorgepflicht“ auf.
Ein Denkmal ist ein Monument und soll, im Sinne des lateinischen monere (= erinnern), an eine Person, an eine Sache oder ein historisches Ereignis erinnern, kurz: gedenken.[12] Darüber hinaus wird ihm die Funktion zugeschrieben, die Jugend zu bilden und zu erziehen. So in etwa meinte es August Boeckh, als er den antiken Topos „mortui viventes obligant“ für das Nationaldenkmal auf dem Berliner Kreuzberg mit „Den Gefallenen zum Gedächtnis, den Lebenden zur Anerkennung, den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung“ übersetzte.[13] Dieser Schriftzug fand sich nach 1819 auf zahlreichen Denkmälern wieder. Notwendig zum Gedenken und Erziehen ist, dass das Denkmal öffentlich zugänglich ist – räumlich aber auch inhaltlich erfahrbar gemacht werden kann – und Nachhaltigkeit besitzt. Erstere lässt sich auf zweierlei Wegen erreichen; über eine Aufstellung im öffentlichen Raum oder die Rezeption über die bürgerliche Öffentlichkeit auf anderem Wege. Letzteres durch seine Werkhaftigkeit oder direkten Übergang des Inhaltes in das kollektive oder das kulturelle Gedächtnis.
Alois Riegl bezeichnet in seiner Schrift Der moderne Denkmalskultus – sein Wesen und seine Entstehung das Denkmal als
„ein Werk von Menschenhand, errichtet zu dem bestimmten Zweck, um einzelne menschliche Taten oder Geschicke (oder Komplexe mehrerer solcher) im Bewusstsein der nachlebenden Generationen stets gegenwärtig und lebendig zu halten. Es kann entweder ein Kunstdenkmal oder ein Schriftdenkmal sein, je nachdem es das zu verewigende Ereignis mit den bloßen Ausdrucksmitteln der bildenden Kunst oder unter Zuhilfenahme einer Inschrift dem Beschauer zur Kenntnis bringt […].“[14]
Auf eine Besonderheit des Denkmals macht Helmut Scharf in seinem Buch Kleine Kunstgeschichte des Deutschen Denkmals (1984) aufmerksam. Darin schreibt er:
„Denkmal existiert als Objekt und als Bezeichnung desselben. Als Sprachsymbol bezeichnet Denkmal in der Regel etwas Konkretes, seltener wird es auch metaphorisch verwandt […]. Denkmal kann Sprachsymbol für eine Einheit mehrerer Denkmäler […] oder nur für ein einzelnes […] sein, es kann im weiteren Sinne aber auch fast in allen denk- und sinnesmäßig erfaßbaren Seinsebenen gebraucht werden. […] Was Denkmal ist, hängt immer davon ab, welchen Stellenwert das herrschende oder als Tradition überkommende Bewußtsein einer spezifischen historischen und gesellschaftlichen Situation ihm beimißt.“[15]
Grundsätzlich ist der Definitionsrahmen des Begriffs Denkmal von den je aktuellen historischen Rahmenbedingungen abhängig. An ihn sind zudem Aspekte der Erinnerungskultur und des Kulturellen Gedächtnisses ebenso geknüpft, wie Fragen nach dem Begriff der Öffentlichkeit und Dauerhaftigkeit[16] (vom je memorierten) sowie nach der Gestalt und dem Inhalt[17] des Denkmals (werkhaften Erinnerungsmal). Aus kunstwissenschaftlicher Sicht eröffnet gerade die Dichotomie von Inhalt und Gestalt das Problem der „Sprachfähigkeit“ des Denkmals.[18] Dabei wird deutlich, dass die Sprache eminenter Teil eines Denkmals ist und auch an „ungegenständlichen“ oder „architektonischen Denkmälern“ oft zumindest mit einer Gedenktafel vertreten ist. Hierbei berührt die Debatte die gesellschaftlichen Mechanismen, welche an das Gedenken verbunden sind. Das sind Akzeptanz des Erinnerungsmales als Objekt, die transportierten Inhalte und die Wirkung dieser Inhalte.
Literatur
- Peter Bloch: Vom Ende des Denkmals. In: Friedrich Piel, Jörg Traeger (Hrsg.): Festschrift Wolfgang Braunfels. Wasmuth, Tübingen 1977, ISBN 3-8030-4003-5, S. 25–30 (Zum 65. Geburtstags von Wolfgang Braunfels).
- Helmut Häusle: Das Denkmal als Garant des Nachruhms. Eine Studie zu einem Motiv in lateinischen Inschriften. München 1980 (= Zetemata. Band 75); vgl. hierzu: Gerhard Pfohl: Rezension in: Anzeiger für die Altertumswissenschaft. Band 37, 1984, Sp. 60–62.
- Wilfried Lipp (Hrsg.): Denkmal – Werte – Gesellschaft. Zur Pluralität des Denkmalbegriffs. Campus, Frankfurt am Main / New York, NY 1993, ISBN 3-593-34883-7.
- Hans-Ernst Mittig: Das Denkmal. In: Werner Busch, Peter Schmoock (Hrsg.): Kunst. Die Geschichte ihrer Funktion. Weinheim u. a. 1987, S. 457–489.
- Felix Reuße: Das Denkmal an der Grenze seiner Sprachfähigkeit (= Sprache und Geschichte. Band 23). Klett-Cotta, Stuttgart 1995, ISBN 3-608-91724-1 (zugleich Dissertation an der Universität Heidelberg 1993).
- Corinna Tomberger: Das Gegendenkmal. Avantgardekunst, Geschichtspolitik und Geschlecht in der bundesdeutschen Erinnerungskultur. transcript, Bielefeld 2007, ISBN 978-3-89942-774-5 (Zugleich Dissertation an der Universität Oldenburg 2006).
- Eduard Trier: Das Denkmal ist tot, es lebe das Denkmal! Vorstellung einiger Denkmale der 80er Jahre. In: Jutta Schuchard (Hrsg.): Vergänglichkeit und Denkmal. Beiträge zur Sepulkralkultur. Bouvier, Bonn 1985, ISBN 3-416-01933-4, S. 165–168.
- Georg Kreis: Zeitzeichen für die Ewigkeit. 300 Jahre schweizerische Denkmaltopografie. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2008, ISBN 978-3-03823-417-3.
Weblinks
Einzelnachweise
- Denkmal, das. In: Duden. abgerufen am 3. Oktober 2012.
- Lexikon der Kunst: Architektur, bildende Kunst, angewandte Kunst, Industrieformgestaltung, Kunsttheorie. Band 2: Cin–Gree. 2., unveränd. Aufl. Seemann, Leipzig 2004, S. 121.
- Christian Cay Lorenz Hirschfeld: Theorie der Gartenkunst. Band 3. Leipzig, S. 126–170.
- Rolf Selbmann: Dichterdenkmäler in Deutschland. Stuttgart 1988, S. 1.
- Beispiele:
Helmut Scharf: Kleine Kunstgeschichte des deutschen Denkmals. Wiss. Buchges., Darmstadt 1984, S. 5.
Biljana Menkovic: Politische Gedenkkultur. Denkmäler: die Visualisierung politischer Macht im öffentlichen Raum. Wien 1998, S. 10.
Hans-Georg Stavginski: Das Holocaust-Denkmal: der Streit um das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ in Berlin (1988–1999). Schöningh, Paderborn [u. a.] 2002, S. 132. - Christoph Heinrich: Strategien des Erinnerns: der veränderte Denkmalbegriff in der Kunst der achtziger Jahre. Schreiber,, München 1993.
Reinhard Alings: Monument und Nation: das Bild vom Nationalstaat im Medium Denkmal – zum Verhältnis von Nation und Staat im deutschen Kaiserreich 1871–1918. In: Beiträge zur Kommunikationsgeschichte. Band 4. de Gruyter, Berlin [u. a.] 1996, S. 13 f. - Scharf 1984, S. 8; Alings 1996, S. 13 f.
- Stavginski 2002, S. 132.
- Brockhaus-Enzyklopädie. Band 4: Chod–Dol. 17. Aufl. Wiesbaden, S. 418 f.
- Ulrich Schlie: Die Nation erinnert sich: die Denkmäler der Deutschen (= Beck’sche Reihe. Band 1469). Beck, München 2002, ISBN 3-406-47609-0, S. 8.
- Thomas Kellein: Von der Mutterschaft zur Vaterschaft. Eine Denkmalrenaissance in Münster. Hausse für das Denkmalbemühen. In: Ausst.-Katalog Münster: Skulptur Projekte in Münster 1987. Ausstellung vom 14. Juni bis 4. Oktober 1987. Köln 1987, S. 299–308, hier S. 299.
- Ursula Uber: Stadtbildgestaltung durch Freiplastiken: Paradigma Münster (Westf.). Münster (Westf.) 1976, S. 13 (Univ., Diss.).
- Deutschland, nebst Theilen der angrenzenden Länder bis Strassburg, Luxemburg, Kopenhagen, Krakau, Lemberg, Ofgen-Pesth, Venedig, Mailand. Karl Baedeker, 1861, S. 28 (books.google.de).
Kathrin Chod: Nationaldenkmal auf dem Kreuzberg. In: Hans-Jürgen Mende, Kurt Wernicke (Hrsg.): Berliner Bezirkslexikon, Friedrichshain-Kreuzberg. Luisenstädtischer Bildungsverein. Haude und Spener / Edition Luisenstadt, Berlin 2002, ISBN 3-89542-122-7 (luise-berlin.de – Stand 7. Oktober 2009).
parlament-berlin.de (Memento des Originals vom 11. März 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. - Alois Riegl: Gesammelte Aufsätze. Neuausgabe. Edition Logos. Berlin: Mann, 1995, S. 144.
- Scharf 1984, S. 5
- Menkovic 1998, S. 10.
- B. Menkovic spricht hier von einer „Verallgemeinernden Symbolik“ als einem von drei Hauptmerkmalen – neben Dauerhaftigkeit und Öffentlichkeit – des Denkmals. Dabei scheint sie Gestalt und Inhalt als eine Einheit zu werten. (Menkovic 1998, S. 10).
- Felix Reuße: Das Denkmal an der Grenze seiner Sprachfähigkeit. Sprache und Geschichte. Band 23. Klett-Cotta, Stuttgart 1995.